Direkt zum Inhalt
Große Geschichte 12. Februar 2024

Sein Terrain ist das Terrain

Wie Roboter Einzug in den Straßen- und Tiefbau halten und dabei 5 mal schneller sind bei Wind und Wetter.

Markierungen können gerne vom Roboter ausgeführt werden
Markierungen können gerne vom Roboter ausgeführt werden
Inhaltsverzeichnis

Entwickelt und produziert werden die hochpräzisen und zuverlässigen Roboter beispielsweise vom dänischen Hersteller „Tiny Mobil Robots“ Hierzulande ist Sitech Deutschland der offizielle Vertriebspartner des Herstellers.

Flächen zu parzellieren: Das war eine der Aufgaben, die Absteckroboter als erstes übernahmen – wovon beispielsweise auch das legendäre Wacken-Festival profitierte. Ein weiteres anfängliches und immer noch typisches Einsatzfeld ist das Nachziehen von Markierungen auf Sportplätzen – aufgrund der Nachfrage wurde ein eigenes Geschäftsfeld geschaffen. Während dies für den Platzwart vor allem eine langweilige Tätigkeit ist, ist so etwas wie Wacken vor allem zeitaufwändig.

Noch 2022 wurden die Stellplätze für die Zelte auf dem 44 ha großen Gelände per Hand parzelliert. 4 Personen waren dafür 8 Tage mit dem Bandmaß unterwegs. Im vergangenen Jahr erstellte eine Drohne eine Luftaufnahme, das aufbereitete Geländemodell wurde mit Absteckpunkten versehen und die Datei dem Absteckroboter übergeben, der auf den Namen TinyS hört. Für ihn ging es dann aufs unwegsame Gelände, die Punkte wurden vom Roboter gesetzt und in 2,5 Tagen waren von der Mannschaft alle Pflöcke gesetzt. Und weil eine Aneinanderreihung von Punkten eine Linie ergibt – wie bei der Mittellinie eines Fußballfeldes – ist der TinyS mittlerweile auch im Straßen- und Tiefbau unterwegs.

Vorteile des Systems

Kein Wunder, ist doch der nur 22 kg schwere, autonom fahrende Roboter für die verschiedensten Bau- oder Vermessungsprojekten eine effiziente Alternative zum manuellen Abstecken. Von der hochpräzisen Positionierung sowie der hohen Geschwindigkeit und Verfügbarkeit des Tiny profitieren Bauunternehmen, Vermessungsingenieure, Straßenmarkierungsfirmen, Steinbruchbetreiber oder Kommunen. Ein Nebeneffekt ist der Arbeitsschutz, wenn bei Sanierungsmaßnahmen neben dem Verkehr oder in der Nähe von Maschinen markiert werden muss – das Personal „bleibt außen vor“.

Anzeige
Auch mit schwierigem Untergrund kommt der Tiny Terra bestens klar und wird hier gesteuert über ein handelsübliches Tablet
Auch mit schwierigem Untergrund kommt der Tiny Terra bestens klar und wird hier gesteuert über ein handelsübliches Tablet

Der Roboter fährt die in CAD-Plänen markierten Punkte, Linien oder Kurven zuverlässig und selbständig ab. Die Linienlängen und die Abstände zwischen den Linien können in der TinySurveyor App frei konfiguriert werden. Wenn der Linienabstand 0 beträgt, wird eine durchgezogene Linie gezeichnet. Auch Grafiken und Logos können auf diese Weise gezeichnet werden. Dabei ist es dem Roboter egal, ob er auf Asphalt, unebenen Gelände wie Erdboden, Sand oder Schotter unterwegs sein muss. 15 ° Neigung kann er problemlos austarieren. Er markiert bis zu 600 Punkte in der Stunde und arbeitet auch bei Dunkelheit. Eine Akkuladung hält mindestens für 8 Stunden oder 30 km. Der Austausch des Akkus ist kinderleicht. Die Markierungen setzt TinyS mit den auch sonst üblichen Sprühdosen mit 450 bis 750 ml Inhalt. Auch parallele Linien sind machbar. Seine Sprühvorrichtungist variabel montierbar: links, mittig oder rechts.

Auch mit schwierigem Untergrund kommt der Tiny Terra bestens klar und wird gesteuert über ein handelsübliches Tablet
Auch mit schwierigem Untergrund kommt der Tiny Terra bestens klar und wird gesteuert über ein handelsübliches Tablet
Kombi mit dem Sprühdoenbild mit BU
Kombi mit dem Sprühdoenbild mit BU

Die genaue Positionsbestimmung erfolgt über GNSS, also mit Hilfe satellitengestützter Navigation. Ist kein Satellitenempfang vorhanden wie in Innenräumen, bei Parkdecks oder Straßentunneln, tut es auch eine Totalstation. Dabei sind GNSS-Empfängern oder Totalstationen aller großen Hersteller einsetzbar.

Zum Roboter gehört ein robustes und benutzerfreundliches Samsung-Tablet. Vom Tablet aus werden die (auch über einen USB-Stick übertragenen) Daten direkt an den Roboter gesendet. Bedienende können den Roboter darüber direkt steuern sowie Arbeitseinstellungen vornehmen. So können Markierungseinstellungen oder die Geschwindigkeit leicht angepasst werden.

Mehrere Typen

Die verschiedenen Typen des Absteckroboters unterscheiden sich durch ihren Aufbau. Der TinyS – mit dem Zusatz Plotter oder Terra wegen seiner großen Räder – kommt ohne Positionierung, Feldrechner oder Modifikation aus und kann so mit den eigenen Positionierungssystemen (GNSS, Tachymeter) betrieben werden. Modular aufgebaut können nun weitere Systeme aus dem Hause Trimble zur Positionierung (Gnss-Empfänge oder Prisma mit Totalstation) und dem robusten Feldrechner zur Kommunikation mit diesen ergänzt werden.

„Spitzenprodukt“ ist der TinySurveyor Plotter, der Spezialist für präzise Fahrbahnmarkierungen auf Asphalt oder Beton sowie für Markierungen auf ebenem Untergrund wie auf Feinplanien oder gewalztem Schotter. Zur Steigerung der Sicherheit ist er mit Ultraschallsensoren ausgestattet und bremst automatisch vor Hindernissen. Mit seiner Rundumleuchte ist er auch bei Dunkelheit gut sichtbar. Neben einem Fach für Farben bietet er eine 12V-Stromversorgung für den GNSS-Empfänger. Er arbeitet genauer als der Tiny Terra. Dieser versprechen laut Datenblatt 2 bis 3 cm Genauigkeit, wobei dies eher eine Sicherheitsangabe ist, denn die Erfahrungen zeigen bessere, genauere Werte. Beim Plotter sind es 1 bis 2 cm. Unter Einsatz eines Tachymeters wird es exakter.

Der TinyS mit GNSS-Empfänger und Feldrechner
Der TinyS mit GNSS-Empfänger und Feldrechner

Ein paar Beispiele

So markierte das Vermessungsbüro Konsite aus Jettingen kürzlich für den Neubau einer Landesstraße bei Schönbronn in Baden-Württemberg die Fahrbahnränder zur Ausrichtung des Asphaltfertigers mit dem TinyS auf einem Schotteruntergrund.

Die anzufahrende Linie wurde im Plan eingezeichnet und im DXF-Dateiformat an das Tablet des Absteckroboters übertragen. Der Trimble Feldrechner TSC7 dient nur zur Positionierung. Die Daten werden mit einem USB Stick vom CAD (Computer) an das Tablet übertragen. Dort wurde die abzufahrende Linie ausgewählt und die Abstände bestimmt, in denen zu markieren ist. Aufgrund der Streckenführung durch den Wald konnte der TinyS keine Satellitensignale empfangen, sodass zur Positionierung flexibel ein Tachymeter Trimble SPS930 mit aktivem Prisma auf dem Roboter eingesetzt wurde.

Auch mehrere Linien sind kein Thema
Auch mehrere Linien sind kein Thema

Für das Abstecken der insgesamt 4 km langen Strecke für beide Fahrbahnränder benötigte der TinyS nur einen halben Tag. Für die konventionelle Absteckung mit dem Rover hätten erfahrungsgemäß 2 Mitarbeitende 2 Tage benötigt, während der Roboter von nur einer Person bedient wird. Der TinyS konnte die Linie auf dem Schotter problemfrei abfahren, lediglich an einigen Stellen mussten Aufkantungen eingeebnet werden.

Auf 4,5 km Länge der A 623 mussten im Zuge der Sanierung zuerst Fugen geschnitten werden. 2 in Längsrichtung und weitere alle 5 m quer über die gesamte Breite. Anschießend erfolgte eine Überbauung mit Asphalt durch die saarländische Dittgen Bauunternehmen GmbH. Der Vermesser ließ die Markierung für das Fugenschneiden und den Asphalteinbau vom Roboter übernehmen. Das gesamte Prozedere konnte durch eine Person erfolgen, da keine Schnüre gespannt werden mussten.

Bei J. Friedrich Storz Verkehrswegebau GmbH & Co. KG bewährt sich der Roboter auf langen Asphaltbaustellen. So setzt er die Trennlinien für die parallel fahrenden Fertiger beim Einbau „heiß an heiß“. „Pauschal kann man sagen“, so Sebastian Danner, Vermesser bei Storz, „ist der Absteckroboter für alle Baustellen geeignet, für die Markierungsarbeiten in jeglicher Form erforderlich sind. Also Fahrbahnränder, Randsteine, Baufeldgrenzen oder Asphaltschnitte.“

Und auch der Fräsdienstleister Feind markiert mittlerweile Fräsbahnen und Achsen. Zuvor wurde alles händisch mit Maßband und Sprühdose erledigt, was zeitaufwändig und mitunter nicht ganz ungefährlich war, da parallel zum laufenden Verkehr gearbeitet werden musste.

Passend zu diesem Artikel