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Archiv 29. Juni 2017

Rototilt bleibt in Bewegung

Vor gut 30 Jahren kam mit dem Schwenkrotator ein System auf den Markt, das das lästige Umpositionieren von Baggern deutlich reduzierte und somit die Produktivität erhöhte. Wir haben den Branchenprimus Rototilt im nordschwedischen Vindeln besucht.

Wolfgang Vogl, Geschftsfhrer der Rototilt GmbH, erlutert die Vorzge des Schwenkrotators.
Wolfgang Vogl, Geschftsfhrer der Rototilt GmbH, erlutert die Vorzge des Schwenkrotators.

Es wirkt immer dick aufgetragen, von technischen Revolutionen zu sprechen. Die Erfindung des Schwenkrotators, einem Aggregat, das Schwenk- und Drehbewegungen ausführen kann, hat den skandinavischen Baumaschinenmarkt allerdings stark verändert. Heute sind 95 % der dortigen Hydraulikbagger von 1,5 bis 30 t damit ausgestattet.

Rune Norgren, Gründer der Firma Noreco im nordschwedischen Umeå, kaufte im Frühjahr 1985 Zeichnungen sowie die Entwicklungs- und Patentrechte eines südschwedischen Erfinders, baute den Schwenkrotator und gab ihm den Namen Rototilt. Schnell wurden rund 200 Einheiten jährlich hergestellt. Als Noreco Anfang der 1990er Jahre in wirtschaftliche Schräglage geriet, wurde das Unternehmen von Indexator übernommen. Der Hersteller von Rotatoren für die Forstwirtschaft mit Sitz in Vindeln, unweit von Umeå, erwarb des Nettovermögen, die Produktrechte und den Markennamen Rototilt. „Zudem erhielten wir Zugang zu umfangreichen Branchenkenntnissen“, erklärt Anders Jonsson, der gemeinsam mit zwei Geschwistern die Geschäfte von Indexator führte.  Bei Indexator wurde ein eigener Prototyp montiert. Mit seiner Serienreife erreichte dieses Produkt schließlich eine so große Wirkung, dass der geschützte Name Rototilt oft als Bezeichnung für die gesamte Produktkategorie verwendet wird. „Wenn ein Bagger mit dem Rototilt ausgestattet ist, steigt die Produktivität aufgrund der wegfallenden Umsetzvorgänge um 15 bis 25 %“, sagt Jonsson. Da die Maschine weniger bewegt wird, verlängere sich zudem ihre Lebenszeit. Das Werk in Vindeln verfügt über ein Testlabor mit Kälte- und Hitzekammer zur stetigen Weiterentwicklung des Produkts. Hohe Qualitätsansprüche bestimmen die Fertigung. Die Rohteile stammen aus deutschen und schwedischen Gießereien. Jede Einheit hat einen rund 30-minütigen Funktionstest durchlaufen, bevor sie das Werk verlässt. Die skandinavischen Kunden honorieren die hohe Qualität, die niedrige Störanfälligkeit und den geringen Wartungsaufwand. Der Jahresabsatz beträgt mittlerweile mehrere tausend Einheiten.

Strategie des Händlervertriebs

Im Herbst 2014 wurde das Unternehmen neu aufgestellt. Indexator konzentriert sich nun auf Rotatoren für den Forstbereich, ein zweites Unternehmen mit Anders Jonsson an der Spitze auf den Rototilt. Seit 2015 heißt dieses Unternehmen Rototilt Group AB. Grund für diese Veränderung war die Entscheidung für eine weitere Produktentwicklung und die zielstrebige internationale Ausrichtung. „Mit Skandinavien als Heimatmarkt, auf dem sich Schwenkrotatoren als integraler Baggerbestandteil etabliert haben, sind wir nun bereit, den großen Schritt in die weite Welt zu wagen“, sagt Jonsson. Trotz mancher Neuerung herrscht Kontinuität im Unternehmen: „Zahlreiche Noreco-Mitarbeiter sind noch heute bei uns beschäftigt. Darüber bin ich sehr glücklich“, erklärt Jonsson. Einer von ihnen ist Roger Norgren, Sohn des Noreco-Gründers. Auch die Vertriebsstruktur wurde nicht angetastet, nach wie vor gilt die Strategie des Händlervertriebs. So kann Rototilt  – ohne finanzielle Verflechtung mit Maschinenherstellern  – die beste Lösung für den Endkunden anbieten.

In Deutschland sind Schwenkrotatoren bei weiten nicht so verbreitet wie in Skandinavien. Alle Mitbewerber eingeschlossen schätzt Wolfgang Vogl ihren Anteil auf rund 2 %. Vogl ist seit rund 20 Jahren in der Baumaschinenindustrie tätig, seit 2012 als Geschäftsführer der deutschen Rototilt GmbH und auch zuständig für Österreich und die Schweiz. Um den Rototilt in diesem Vertriebsgebiet zu etablieren, wurde in den vergangenen Jahren kräftig investiert. Vogl steht an der Spitze eines neu aufgestellten siebenköpfigen Teams, das 2015 das Hauptquartier in Regensburg bezogen hat. Dort stehen große Lagerflächen und ein eigener Schulungsraum bereit.

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Blick in die Fertigungshalle im nordschwedischen Vindeln.Foto: Foto: David Spoo

Der Rototilt überzeugt im Einsatz

„Wir sprechen alle Unternehmen an, die keine reine Gewinnung und keinen reinen Volumenumschlag machen und die nicht jeden Tag einen 2 m die tiefen und 30 cm breiten Graben anlegen“, sagt Vogl im Gespräch mit baunetzwerk.biz. Als Grund für die bislang geringe Verbreitung des Schwenkrotators sieht er zögerliche Haltung vieler deutscher Unternehmen. Darauf wird nun mit einer veränderten Marketing-Strategie reagiert: „Wir stellen nicht mehr auf Messen einen Rototilt aus und erzählen den Leuten, dass man ihn an einen Bagger dranhängt und drehen und schwenken kann, sondern wir machen Live-Demos, denn er überzeugt im Einsatz“, erläutert Vogl. Einen eigenen Testfahrer hat das Unternehmen nicht, dafür aber Kunden, die so zufrieden mit ihrem Schwenkrotator sind, dass sie ihn potentiellen Käufern gern vorführen. „Diese Fahrer sind unbezahlbar, denn sie kennen das Produkt in- und auswendig, wissen es richtig zu bedienen und können jede Frage beantworten“, sagt der Rototilt-Geschäftsführer, der einen Ausrüstungsgrad von 25 % bis 30 % auf dem deutschen Markt für möglich hält. Er berichtet von einer Ausschreibung der Österreichischen Landesregierung, die explizit den Einsatz des Rototilts vorsah. Derartige Auflagen können die Verbreitung des Produkts natürlich beschleunigen. Gut dürfte bei den Kunden auch die OEM-Zusammenarbeit mit MenziMuck ankommen und die seit der bauma 2016 offiziell bestehende Zusammenarbeit mit Caterpillar. Daran hat Vogl aktiv mitgewirkt.

Das beste Marketing-Tool ist selbstverständlich ein guter Service. Dank seines ölgefüllten Rotorkörpers ist der Rototilt sehr wartungsfreundlich – ein Ölwechsel ist alle 500 Stunden vorgesehen, alle 5.000 Stunden sollte die Abdichtung gewechselt werden. Das ist nicht viel bei einem 18.000 bis 20.000 Stunden langen Arbeitsleben. Sollte es jedoch einmal zu Problemen kommen, finden die Servicetechniker der Händler Unterstützung beim Rototilt-Produktspezialisten in Regensburg. „Zusätzlich haben wir ein Servicenetz von zehn freien und von uns geschulten Servicetechnikern. Wenn es beim Kunden brennt, dann können wir helfen“, sagt Vogl.

In naher Zukunft soll sich das Geschäftsmodell der Rototilt GmbH etwas ändern. Derzeit tritt sie als Agent auf, spätestens zur bauma 2019 soll dies in eine Händlerschaft umgestaltet werden. Diese größere Unabhängigkeit von Schweden ermöglicht eine bessere Einstellung auf die Gegebenheiten des hiesigen Marktes.

Rototilt Group-Geschftsfhrer Anders Jonsson (r.) und Roger Norgren, Sohn des Noreco-Grnders.Foto: Foto: Rototilt

Neuer Baggerschnellwechsler

Rototilt bleibt also in Bewegung und das gilt auch für die Produkte. Die Rototilt Group AB hat jetzt einen Baggerschnellwechsler vorgestellt, der nicht nur die Sicherheit erhöht und die Lebensdauer verlängert, sondern auch die Grabgeometrie beibehält. „Seit vielen Jahren wissen wir, wie ein hochwertiger Baggerschnellwechsler in Kombination mit Schwenkrotator und Anbauwerkzeugen beschaffen sein sollte. Besonders interessant wurde dieses Wissen, als wir erkannten, dass wir unser Schnellwechslersicherheitssystem SecureLock mit Baggerschnellwechsler und Schwenkrotator kombinieren konnten“, berichtet Produktmanager Sven-Roger Ekström. Die Integration von SecureLock beseitigt das Risiko für pendelnde oder herabfallende Anbauwerkzeuge. Das System wird von der BG Bau gefördert, ist von der Schweizer SUVA abgenommen und in praktischen Tests immer wieder als absolut sicher beurteilt worden.

Neu ist auch eine zweijährige Gewährleistung auf alle Schwenkrotatoren. Sie gilt direkt ab Lieferung, ohne Registrierung oder zusätzliche Kosten. „Der Unternehmer soll sich ganz auf seine Arbeit konzentrieren können, ohne sich mit komplizierten Registrierungen oder Ausnahmeregelungen zu befassen. Wir wollen es dem Kunden einfach machen, mit uns Geschäfte abzuschließen“, betont Anders Mitterer, Leiter des Kundendiensts der Rototilt Group AB. (David Spoo)

Im Testlabor werden 10.000 Rototilt-Einsatzstunden simuliert.Foto: Foto: Rototilt

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