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Archiv 23. August 2018

Fit für das digitale Zeitalter

Mit dem Einsatz des Lieferscheinportals Bau-Else vereinfachen eine Baufirma und ein Baustoffhändler die Abläufe und bereiten sich gleichzeitig auf die neuen Anforderungen durch BIM vor.

Andreas Eisenhuth, Alexander Klcker und Mario Schifferdecker (v.l.n.r.) sind mit dem Start der Bau-Else sehr zufrieden.
Andreas Eisenhuth, Alexander Klcker und Mario Schifferdecker (v.l.n.r.) sind mit dem Start der Bau-Else sehr zufrieden.

BIM – Building Information Modeling, dahinter verbirgt sich eine digitale Methode der optimierten Planung, Ausführung und Bewirtschaftung von Gebäuden und anderen Bauwerken. Sie wird jetzt nach und nach durch die Bundesregierung eingeführt und soll ab 2020 für das Planen und Bauen bei Infrastrukturprojekte verbindlich gelten.

„Wir arbeiten bereits seit mehreren Jahren intensiv daran, viele unserer Unternehmensprozesse weitgehend zu digitalisieren.“ Geschäftsführer Alexander Klöcker ist sich bewusst, dass die Reif Bauunternehmung GmbH amp; Co. KG aus Rastatt in der Branche eine Art „Vorreiter-Rolle“ einnimmt. Den Anstoß für diese Entscheidung habe „BIM – Building Information Modeling“ gegeben – eine Methode der optimierten Planung, Ausführung und Bewirtschaftung von Gebäuden und anderen Bauwerken mit Hilfe von Software. Dabei werden alle relevanten Bauwerksdaten digital modelliert, kombiniert und erfasst. Das System wird nun nach und nach durch die Bundesregierung eingeführt und soll ab 2020 für das Planen und Bauen bei Infrastrukturprojekte verbindlich gelten. Darauf bereite man sich aktiv vor. „Das ist für uns besonders wichtig, da wir u.a. auch an großen Projekten der Deutschen Bahn beteiligt sind, wo diese Anforderungen bereits heute auf uns zukommen“, erklärt Klöcker.

Die Historie der Reif Bauunternehmung reicht bis in das Jahr 1930 zurück. Als klassisches Tief - und Straßenbau-Unternehmen biete man zusätzlich umfangreiche Leistungen im Leitungsbau, im konstruktiven Ingenieurbau, in der Bauwerkssanierung, in der Erschließung von Baugebieten, im Gewässerbau sowie im Industrie- und Gewerbebau an. Eine „herausragende Rolle“ spiele dabei der Bau von Bahnkörpern und Bahnhöfen mit der eigenen Niederlassung in Ettlingen. Insgesamt sind 430 Mitarbeiter in der Bauunternehmung Reifbeschäftigt. Die Auftragslage sei derzeit gut. Das Unternehmen erziele einen Jahresumsatz von circa 80 Mio. Euro.

Unternehmensspezifische Software

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Seit etwa einem halben Jahr wird intensiv an der Einführung der Unternehmensplattform „Bau-Else“ gearbeitet. Dahinter verbirgt sich ein Lieferscheinportal, das als zentrale Schnittstelle für einen digitalen Datenaustausch dient. Dabei verbindet es die Systeme eines Baustoffherstellers mit denen des Spediteurs und den ausführenden Firmen auf der Baustelle. „Jede Bau-Else ist immer unternehmensspezifisch konfiguriert und wird von uns genau an die vorhanden Voraussetzungen und Anforderungen in den Unternehmen angepasst“, erläutert Uwe Wirth, Geschäftsführer der Praxis EDV- Betriebswirtschaft- und Software- Entwicklung AG aus Pferdingsleben, die diese Plattform entwickelt hat. Von besonderer Bedeutung sei auch – besonders vor dem Hintergrund der neu eingeführten Datenschutzrichtlinie DSGVO - die Datensicherheit. Die erzeugten Daten würden nicht in der „Cloud“ für einen Zugriff gelagert, sondern über verschlüsselte Verbindungen direkt an die beteiligten Partner übermittelt. Auch eine Anpassung der Bau-Else an im Unternehmen bereits vorhandene IT-Strukturen sei kein Problem.

„Diese Lösung hat uns überzeugt“, sagt Mario Schifferdecker, der bei der Reif Bauunternehmung für die IT verantwortlich ist. Die Praxis EDV und deren Flexibilität habe man bereits durch Systeme in anderen Bereichen gekannt – beispielsweise beim Asphalteinbau. Seit April 2018 sei die Bau-Else in der praktischen Erprobungsphase „scharf geschaltet“ und laufe parallel zu den klassischen Lieferscheinen. „Wenn die Datenqualität und die Sicherheit gegeben sind, werden wir dann komplett umsteigen und können das Papier einsparen“, so Schifferdecker. Perspektivisch soll es auf diesem Weg weiter gehen und die Digitalisierung auf das Rechnungswesen erweitert werden.

Offene Türen eingerannt

Mit der Oberrhein-Handels-Union GmbH amp; Co. KG (OHU) aus dem benachbarten Iffezheim habe man einen kompetenten Partner gefunden, der sich diesem System anschließen will. „Die Reif GmbH hat mit dieser Idee bei uns, offene Türen eingerannt“, berichtet Geschäftsführer Daniel Schulz. Die beiden Unternehmen verbindet eine langjährige Partnerschaft. 1968 gegründet, ist die OHU heute einer der bedeutendsten Baustoffhändler am Oberrhein und den angrenzenden Ballungsräumen. Gut 50 Mitarbeiter befassen sich mit dem Vertrieb von Sand, Kies, Alpine-Moräne-Edelsplitt, Schotter, Splitten und Recycling-Material. Zu den Kunden zählen neben vielen Kleinbetrieben, auch Mischanlagen für Beton und Asphalt und die großen Straßenbau-, Hochbau- und Tiefbau-Unternehmen Deutschlands, wie auch die Deutsche Bahn. Die OHU ist ein bedeutender Lieferant bei den großen aktuellen Infrastrukturmaßnahmen in Süddeutschland.

Bei der OHU ist IT-Leiter Matthias Wetzel auch fr die betriebseigene Serverstation zustndig.Foto: Foto: Michael Schlutter

„Die Digitalisierung spielt in unserem Unternehmen bereits seit vielen Jahren eine herausragende Rolle.“ Bereits 2000 wurde mit der Praxis EDV ein „Kombiniertes Vertriebs- und Faktura-Programm“ entwickelt, das heute noch gut laufe, blickt Schulz zurück. Es wurde permanent in die verschiedenen Unternehmensbereiche hinein weiterentwickelt. Vor fünf Jahren kam dann auch ein Portal für den Austausch frachtspezifischer Daten dazu, „welches der Bau-Else schon recht ähnlich war“.

Vom Baustoffhändler zum Systempartner

„Wir wollen nicht ein reiner Baustoffhändler sein, sondern ein Systempartner, der seinen Schwerpunkt noch mehr auf Service legt“, begründet Schulz diesen Schritt. „Wenn dieses System dann funktioniert – und davon bin ich überzeugt – werden wir mit weiteren Kunden über einen Einstieg sprechen.“ Damit wolle man eine „Komplettlösung“ anbieten und helfen, die Abläufe mit der OHU zu optimieren. Lieferscheine, Auftragsbetätigungen, Rechnungen, Begleitpapiere etc. per Post oder Mail würden dann entfallen.

Eine Einsparung von Personal sieht Schulz auf keinen Fall. „Arbeitsstrukturen werden sich ändern und neue Arbeitsaufgaben kommen dazu. Stupide manuelle Erfassungen werden sich zu qualifizierten Anforderungen an die Auswertung von Datenstrukturen entwickeln.“ Darauf bereite man sich auch in der OHU vor. „Fachinformatiker für Systemintegration“ heißt hier ein neuer Ausbildungsberuf, der in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinne.

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