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Welche Fitnesskuren Anbaugeräten gut tun

Die ruhige Winterzeit ist immer eine gute Gelegenheit, seinem Maschinenpark eine Verjüngungskur zu gönnen. SUSA-Autor Robert Ruthenberg hat verschiedene Anbieter gefragt, wie man dem Zahn des Verschleißes ein Schnippchen schlägt und welche Regenerierungsmethoden für Anbaugeräte die besten sind.

Besser als neu sollen die Anbaugerte nach der Regeneration sein.
Das Leben ist hart ? vor allem fr Anbaugerte der Rohstoffindustrie.Foto: Foto: Rdlinger

Verschleiß ist nicht immer gleich Verschleiß. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen abrasivem, adhäsivem und korrosivem Verschleiß sowie einer Oberflächenermüdung durch Gleiten oder Rollen. Ein abrasiver Verschleiß liegt vor, wenn zwei Körper mit wesentlich unterschiedlichen Härtestufen im Kontakt sind oder die Zwischenschicht harte Teilchen enthält. Ein adhäsiver Verschleiß wiederum erfolgt bei Materialien mit gleicher oder ähnlich großer Härte. Beim korrosiven Verschleiß handelt es sich um eine chemische Modifizierung der Oberfläche und einer daraus folgenden Abtragung der Oberflächenschicht. Wird die Werkstückoberfläche durch häufiges Gleiten oder Rollen beansprucht, erfolgt oft eine Oberflächenermüdung und daraus resultiert nach längerer Zeit ein Abtrag des Werkstoffes. Reibung und Verschleiß treten in der Praxis zwar stets gemeinsam auf, sind jedoch qualitativ unterschiedliche Phänomene. So kann es durchaus Reibung ohne Verschleiß geben.

Ein Fitnessprogramm für Anbaugeräte propagiert der Rädlinger Maschinenbau in Cham für die ruhigere Winterzeit. Der Hersteller produziert nicht nur eigene Baggerlöffel, Radladerschaufeln, Schleppschaufeln, Drehmotoren und Schnellwechselsysteme, sondern bietet auch die komplette Überholung bzw. Regeneration von verschlissenen Bauteilen an. Aufgrund langjähriger eigener Erfahrungen werden verschlissene Teile nicht einfach nur ausgetauscht oder repariert, sondern zunächst erfolgt eine umfangreiche Schadensanalyse, wird also quasi ein Fitnesscheck durchgeführt. Hierbei gilt es nicht nur die Schäden festzustellen, sondern anhand der vorliegenden Schadensmuster die besonderen Einsatzbedingungen der Baumaschine und ihrer Werkzeuge zu analysieren. Dies geht soweit, dass selbst die spezielle Handschrift des jeweiligen Bedieners/Fahrers festgestellt werden kann. Risse oder Brüche, der Verschleißfortschritt der verwendeten Verschleißbleche und mögliche (Lager-)spiele an Aufnahmen, Buchsen und Schwenkköpfen gilt es beim Fitnesscheck genau festzustellen.

Bei Rdlinger werden verschlissene Bagger- und Radlader-Werkzeuge gezielt aufbereitet.Foto: Foto: Rdlinger

Die Ergebnisse der Schadensanalyse stellen die Grundlage für den nächsten Schritt dar – die erforderlichen Regenerationsmaßnahmen. Sie umfassen einerseits detaillierte Empfehlungen an den Kunden, wie die Baumaschinenausrüstung wieder in den Neuzustand versetzt werden kann. Andererseits lassen sich dank der eingehenden Schadensanalyse gezielt Vorschläge erarbeiten, wie Verschleißerscheinungen dieser Art minimiert und so die Standzeit und die Leistungsfähigkeit der Maschine und ihrer Werkzeuge erhöht werden können. In Abstimmung mit dem Kunden werden verschiedene technische Lösungsmöglichkeiten besprochen und eine Kosten-/Nutzenanalyse bezüglich Reparaturkosten sowie Neuanschaffungspreis vorgenommen. Möchte der Kunde Umbauten beispielsweise bezüglich Aufhängung oder beim Zahnsystem umsetzen, so wird auch dies entsprechend berücksichtigt. Ziel ist, einen individuellen Maßnahmenplan aufzustellen, den die Mitarbeiter des Rädlinger Maschinen- und Anlagenbaus dann präzise abarbeiten.

Aus Alt mach Neu – und sogar besser

Selbstverständlich fließen die umfangreichen Erfahrungen der Chamer Maschinenbauer in jede Regenerationsmaßnahme mit ein. Schließlich wissen sie, dass nicht nur verschleißfeste Stähle wie Abrazo, Hardox oder XAR und Verschleißschutzsysteme von Borox, Esco oder MTG sowie gezielte Panzerungsstufen den Erfolg bringen, sondern, dass ebenso die Geometrien von Löffel und Zähnen wesentliche Konstruktionskriterien darstellen. Dabei achten die Experten nicht nur auf ein optimales Eindringen der Löffel in das abzutragende Material, sondern auch auf eine möglichst energiesparende Arbeitsweise. Immerhin stellen die Kraftstoffkosten einen erheblichen Kostenblock im Betrieb dar, den es möglichst zu reduzieren gilt. So ließ sich der Kraftstoffverbrauch von vielen Baggern durch Optimierungen an den Anbaugeräten um bis zu 10 % verringern. Eine ausgewogene Kombination von Leichtbau, verstärkten Stellen (dort, wo es nötig ist), hochfesten Materialien sowie einer optimierten Kinematik führt letztendlich zu einer hinsichtlich Grab- und Füllerverhalten praxisgerechteren Konstruktion. Neben der Kraftstoffreduzierung konnten dadurch viele der umgebauten Baggerschaufeln bis zu 20 % mehr Material aufnehmen als vorher.

Bei den Schutzpanzerungssystemen für Löffel und Schaufeln kommen hochwertige Stahlsorten wie HB (Brinellhärte) 400, HB450 oder HB500 zum Einsatz. Je nach Einsatzfall werden lediglich die vom Verschleiß betroffenen Komponenten ausgetauscht oder eine Komplettpanzerung für den gesamten Löffel oder die Schaufel vorgenommen. In den meisten Fällen sind nachträglich angebrachte Verschleißstreifen oder geschweißte Panzerungen einzelner Bauteile völlig ausreichend. Neben Tief- und Hochlöffel, Grabenräumlöffel, Ladeschaufeln, Stielen und Auslegern gehören selbst Muldenauskleidungen für Dumper und Lkw sowie Sieb- und Brechanlagen zum Leistungsspektrum der Instandsetzungsmitarbeiter aus der Oberpfalz. Unterstützt werden sie durch einen modern ausgestatteten Maschinenpark.

Das Wort „Hardox“ gilt für viele Kunden und Experten als Synonym für verschleißfeste Stähle. In der Tat entwickelten die Ingenieure des schwedischen Stahlherstellers SSAB (Svenskt Stål AB) bereits vor 40 Jahren die bis dato einzigartigen biegbaren Verschleißbleche. Seitdem hat sich das schwedische Produkt Hardox in seinen verschiedenen Varianten zigtausendfach bewährt, denn Hardox bietet eine Kombination aus Härtegrad und Zähigkeit. Dank dieser Stahlsorte lassen sich Maschinenkomponenten herstellen, die sich durch ihre extreme Leistungsfähigkeit und Langlebigkeit auszeichnen. Der hohe Widerstand von Hardox gegen Verschleiß führt zu einer bis zu zehnfachen Lebensdauer oder sogar darüber hinaus und hilft dem Anwender letztendlich die Betriebskosten erheblich zu senken.

Der gute Schwedenstahl gilt von Beginn an als Referenz für jedes Konkurrenzprodukt. Dass auch andere Hersteller inzwischen vergleichbare Qualitäten anbieten, die oftmals sogar günstiger angeboten werden, dürfte sich mittlerweile herumgesprochen haben. So bietet ThyssenKrupp mit seinen hochwertigen Stahlsorten wie XAR400 oder XAR500 vergleichbare Qualitäten an, die sich ebenso durch ihr günstiges Verscheißverhalten auszeichnen. Die Lebensdauer von Verschleißteilen ist jedoch stets abhängig von den Verschleißbedingungen (Gegenstoff, Korngröße, Aufprallwinkel, Temperatur und anderes mehr). Nach ausgiebigen Verschleißversuchen lagen mal die Essener Stahlsorten, mal die schwedischen vorne. Aus zahlreichen Praxiserfahrungen haben sich die verschleißfesten Stähle von ThyssenKrupp durchaus als wirtschaftlich und technisch leistungsfähig auch im Vergleich zu Hardox erwiesen.

Auf der steinexpo 2014 zeigte HS-Schoch sein umfangreiches Produktprogramm an verschleifesten Sthlen.Foto: Foto: Robert Ruthenberg

Das indische Unternehmen Tata Steel gilt nach Arcelor-Mittal als der zweitgrößte Stahlproduzent in Europa. Die globale Produktionskapazität liegt bei jährlich mehr als 29 Mio. t Rohstahl und es werden weltweit rund 80 000 Mitarbeiter beschäftigt. Mit ihren verschleißfesten Stahlsorten (Abrazo, RQT und Ympress) zielt man verstärkt auf die Anwender in der Bau-, Hebetechnik- und Förderindustrie. Die vergüteten und gehärteten Abrazo-Stähle gibt es in drei Güten mit Brinellhärten von HB400, HB450 und HB500. Die Abmessungen reichen von 8 bis 130 mm in der Dicke und bis 3,2 m in der Breite. Diese Stahlsorte wurde speziell für die Tage- und Bergbauindustrie (unter anderem für Muldenkipper, Bagger und Radlader sowie Brech- und Siebmaschinen) entwickelt und soll für besonders verschleißintensive Anforderungen ausgelegt sein. Selbst bei sehr niedrigen Temperaturen soll die Produktlinie Abrazo Impact nach Herstelleraussagen noch eine erhöhte Kerbschlagzähigkeit aufweisen. Schließlich kommt es gerade in rauer Umgebung und bei starken Temperaturschwankungen nicht allein auf die Härte, sondern auch auf die Zähigkeit an. Alle Abrazo-Sorten lassen sich übrigens gut schneiden und schweißen. Mit Hilfe des „Early Vendor Involvement Programms (EVI)“ sollen Erstausrüstungshersteller (OEM) deutliche Verbesserungen in der Fahrzeugentwicklung erzielen und gleichzeitig ihre Fertigungskosten teils erheblich reduzieren können, unterstreicht der neue Managing Director von Tata Steel Deutschland, Klaus-Peter Galla. Laut seiner Aussage sollen seine Kunden wie Caterpillar, JCB, Terex, Joy Global oder Kion die EVI-Leistungen bereits intensiv nutzen und dadurch sehr viel wettbewerbsfähiger sein.

Ob die neuen indischen Stahlsorten inzwischen die gleiche Qualität wie die bisherigen Referenzsorten aufweisen, gilt es noch abzuklären. Einige Anwender waren nämlich mit den bisherigen Sorten nicht ganz so zufrieden.

Alle Verschleißprodukte aus einer Hand

Das Unternehmen HS-Schoch im südlichen Lauchheim bei Aalen (sowie im sachsen-anhaltinischen Cobbelsdorf) ist einer der großen Hardox-Lieferanten. Neben den SSAB-Produkten Hardox, Domex, Weldox und anderen Sorten bieten die Süddeutschen auch die verschleißfesten Gussprodukte von Esco an. Dieses US-amerikanische Unternehmen (Hauptquartier in Portland, Oregon), gilt als unabhängiger Entwickler und Hersteller hochfester Tragteile und Ersatzprodukte. Diese gelangen in Bergwerken, dem Baugewerbe, der Rohölförderindustrie und weiteren Industriezweigen zum Einsatz. HS-Schoch ist einer von deutschlandweit drei Esco Haupthändlern (neben Karl Müller in Alpen sowie Ramb in Staudt bei Frankfurt sowie bei Dresden). Dadurch verfügen sie über entsprechend große Lagerkapazitäten und versorgen termingerecht die Endkunden, Händler sowie Löffelhersteller mit den gewünschten Esco-Verschleißteilen. Vor allem die Zahnsysteme, Schutzschilde und Verschleißplatten der Amerikaner für Baggerschaufeln und andere verschleißanfällige Teile haben sich seit über 90 Jahren in den betreffenden Branchen sehr gut bewährt.

Aus alt (jeweils links im Bildteil) mach neu und es soll danach noch besser sein, dies verspricht HS-Schoch.Foto: Foto: HS Schoch

Neben fertigen Produkten von Hardox, Esco oder Borox bietet HS-Schoch ebenfalls die Regeneration von Tieflöffeln, Grabenräumlöffeln, Hochkippschaufeln, Leichtgutschaufeln, Mehrschalengreifer, Abbruchgreifer, Sortiergreifer und anderes mehr an. Neben dem Ersatz von Verschleißkomponenten oder der Reparatur von Bruchschäden werden Aufpanzerungen, der Austausch ganzer Baugruppen sowie Bohrwerksarbeiten an den beiden Standorten im Südwesten und Osten durchgeführt. Darüber hinaus werden die (Bagger-)Werkzeuge bei Bedarf mit neuen Trapezschneiden, Spitzschneiden, Unterschraubmessern und entsprechenden Spezialprofilen, Stegprofilen, Grädermessern sowie Verschleißstreifen ausgerüstet. Ob in HB400, HB500 oder HB280 oder aus einem Hardox-Verschleißstahl. Ebenfalls steht die neue Schwedenqualität HB600, dem „härtestes Verschleißblech der Welt“ zur Verfügung - gerne auch in Sonderabmessungen und Sondergeometrien. Die neue Sorte Hardox 600 soll in Konkurrenz zu Materialien wie Weißgusslegierungen mit hohem Chromanteil, Nickel-Hartlegierungen sowie aufgeschweißten Verschleißschichten stehen. Auch HS-Schoch unterstreicht, dass Schleppschaufeln, Roderechen, Trapezlöffel, Tunnellöffel und andere Werkzeuge nach der Regeneration in besserem Zustand seien als ein neues Produkt.

Ausdrücklich erwähnt werden sollte noch, dass sich nicht nur die verschiedensten Bagger- und Radlader-Werkzeuge bestens regenerieren lassen, sondern auch Verschleißkomponenten von Sieb- und Brecheranlagen sowie Stiele und Ausleger. Die ruhige, kalte Jahreszeit lässt sich durch ein Fitnessprogramm für Anbaugeräte sowie Maschinenkomponenten also bestens nutzen. (Robert Ruthenberg)

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