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Mobilität versus Sozialdumping

Die Mobilität europäischer Arbeitnehmer birgt das Risiko von Sozialdumping. Darauf wies Prof. Catherine Barnard, Universität Cambridge, auf dem Europatag der Deutschen Bauwirtschaft hin. Er fand am 08.11.2017 in Brüssel statt.

Prof. Catherine Barnard, University of Cambridge, spricht zu ?Theorie und Praxis der Arbeitskrftemobilitt?.

„Mobilität ist für die Bauwirtschaft zentral", mit diesen Worten begrüßte Gregor Asshoff, Vorstand von Soka-Bau, rund 80 Gäste aus den europäischen Institutionen, europäischen und deutschen Verbänden, Diplomaten sowie Wissenschaftler. Geladen hatten die Sozialpartner der Branche, allen voran ihre Spitzenvertreter Robert Feiger, IG BAU, Dr.-Ing. Hans-Hartwig Loewenstein, ZDB, und Peter Hübner, HDB, in das Museum „Autoworld" in Brüssel.

Der Veranstaltungsort war gleichzeitig Programm: Kaum ein Produkt verkörpert das Streben nach Mobilität so sehr wie das Auto. Gleichzeitig sind in kaum einer Branche die Arbeitnehmer so mobil wie in der Bauwirtschaft mit seinen EU-weit mehr als 10 Mio. Beschäftigten. Allein in Deutschland waren davon laut Zahlen von Soka-Bau im Jahr 2016 mehr als 100.000 entsandte Arbeitnehmer tätig.

Dass Mobilität nicht immer ohne Spannungen abläuft, ist angesichts der unterschiedlichen Arbeits- und Lohnbedingungen in Europa offensichtlich. „Es besteht die Gefahr von Sozialdumping", betonte Prof. Catherine Barnard in ihrem Vortrag. Sie ist eine der profundesten Kennerinnen des europäischen Arbeitsrechts und Beraterin der Europäischen Institutionen.

Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung sind Realitäten, mit denen sich gerade die Baubranche konfrontiert sieht. Folgerichtig konzentrierte sich Prof. Barnard auf die rechtlichen Rahmenbedingungen der Arbeitnehmerentsendung und analysierte die aktuelle Initiative zur Reform der Entsenderichtlinie. Hier sieht sie – gerade in Zeiten des Brexit – eine der zentralen Herausforderungen der europäischen Einigung: „Wie kann die EU eine Sozialpolitik entwickeln, die sowohl für die Arbeitnehmer der alten reicheren Mitgliedstaaten wie auch der neuen Staaten Vorteile bietet?"

 Im Namen der Tarifvertragsparteien der Deutschen Bauwirtschaft hob auch Dietmar Schäfers, stellvertretender Vorsitzender der IG BAU und Präsident der Europäischen Föderation der Bau- und Holzarbeiter, in seiner Rede hervor: „Wir brauchen ein Europa, das das Leben von Arbeitnehmern und Unternehmen tatsächlich verbessert und gleichermaßen faire Wettbewerbsbedingungen schafft." Dabei warf er vor allem einen kritischen Blick auf aktuelle Rechtsetzungsvorhaben. So laufe der Kommissionsentwurf einer EU-Dienstleistungskarte der Intention, fairen Wettbewerb zu unterstützen, zuwider. Geplante bürokratische Anforderungen für die Schaffung von Ausbildungsordnungen seien „innovationsfeindlich und unverhältnismäßig". Gleichermaßen kritisierte er Unzulänglichkeiten bei der europäischen Koordination des Sozialversicherungsrechts und beim grenzüberschreitenden Datenaustausch. Staatliche Maßnahmen allein seien ohnehin zu wenig: „Wir brauchen daher ein Europa der Tarifverträge, der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände!"

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