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Ziemlich schräg

Bei der Fördertechnik gibt es immer wieder Neues. Die schrägsten Erfindungen im Überblick.

Der Cleanscrape Abstreifer auf der bauma 2013.
Der Cleanscrape Abstreifer auf der bauma 2013.

Elektrisch scheint gerade in zu sein. Bei Keestrack jedenfalls steht man auf Elektroantriebe bei mobilen Aufbereitungsanlagen. Anlässlich der bauma-Vorpressekonferenz berichtete Keestrack-Maschinenexperte Michael Brookshaw, dass das Unternehmen nun auch ein solar betriebenes, raupenmobiles Haldenband entwickelt hat, das S5e „Solar“.

Ein Prototyp ist bereits im Einsatz an der wohl ersten direkt solarbetriebenen Aufbereitungsanlage weltweit. Photovoltaik-Module umspannen wie Sonnensegel das 23 m lange Förderband. Mit max. 9 kWh speisen sie die im Chassis installierte Anlagen-Batterie mit einer Kapazität von 23 kWh. Das Förderband (22 kW) und das Raupenfahrwerk (2 x 15 kW) werden direkt elektrisch angetrieben, während eine elektrische Pumpeneinheit (2 x 15 kW) die Versorgung der Hubhydraulik übernimmt.

Prototyp eines solarbetriebenen Haldenbandes.Foto: Abb.: Keestrack

„Unser Prototyp schafft 15.000 Tonnen pro Stunde weg,“ erzählt Brookshaw. Liefern die Photovoltaik-Module bei Schlechtwetter nicht ausreichend Energie oder übersteigt der Leistungsbedarf im intensiven Dauereinsatz die solar-gestützte Nachladekapazität, kann die Anlage über vorhandene externe Versorger, wie diesel-elektrische Brecher und Siebe, oder via Netzstrom angetrieben bzw. nachgeladen werden.

Schräger Abstreifer

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Eine im wahrsten Sinne des Wortes schräge Erfindung: Der Abstreifer Clean Scrape wird in einem bestimmten Winkel quer über der Abwurftrommel angebracht und kommt daher mit wenig Platz zurecht. Da der Abstreifer mit Wolframkarbidspitzen ausgestattet ist und einen minimalen Druck auf das Band ausübt, kann das System sicher an mechanischen Spleißungen genutzt werden.

Der Clean Scrape wird von der Martin Engineering GmbH vertrieben. Auf dessen Homepage ist zu lesen, dass das System mindestens viermal so lange halten soll wie ein herkömmliches Abstreifersystem, dass es leicht zu installieren sei und nur wenig Wartung benötige. Letzeres ist dem geringen Druck vom Blatt auf das Band zu verdanken. Der Abstreifer funktioniert laut Hersteller mit trockenem, nassem oder klebrigem Material, ist also auch für Kalk oder Zement geeignet. Der Abstreifer kann an allen Typen von Gurtverbindungen verwendet werden, wenn die Gurtverbindung fachgerecht ausgeführt ist.

Sichter für Bandübergaben

Beim letzten Mining Kongress an der TU Clausthal stellte Institutsleiter Prof. Dr. Hossein Tudeshki eine seiner neusten Entwicklungen vor: einen Sichter, der gegenüber bekannten Verfahren den Vorteil aufweist, als niedrigbauende Vorrichtung auch über Bandübergaben installiert werden zu können.

Die TU Clausthal entwickelt derzeit einen Sichter fr Bandbergaben.Foto: Foto: Ute Schroeter

Hauptbestandteile des Sichters sind der Beschleunigungs- sowie der Sichterraum. Der Beschleunigungsraum beherbergt eine Vorrichtung zur Ein- und Ausleitung von Material. Des Weitern ist hier eine Strömungsmaschine mit Schlagleisten installiert, deren Drehzahl regelbar ist. Über Öffnungen im Beschleunigungsraum wird die erforderliche Luft angesaugt. Die Strömungsmaschine ist so eingestellt, dass das eintretende Korn vollständig von den Schlagleisten erfasst und beschleunigt wird, um in den Sichterraum zu gelangen. Gleichzeitig wird eine Fluidströmung erzeugt, die zur Klassierung mit genutzt wird. „Entlang des Sichterraumes tritt eine Fraktionierung von fein nach grob auf,“ erklärt Tudeshki, „sehr feine Körnungen verweilen aufgrund ihrer spezifischen Oberfläche und ihrem geringen Gewicht länger in der Luft.“ Die Kornfraktionen können sich nun im langgezogenen Sichteraum absetzen und werden ihrer Kornklasse nach getrennt ausgetragen. Das Feingut verweilt weiter in der Fluidströmung, die aus drei Erzeugungsarten resultiert: Zum einen durch die Rotation der Strömungsmaschine sowie durch die Saugvorrichtung, zum anderen durch entweichendes Fluid zum Beispiel aus Düsen oder Schlitzen, welches über eine Ringleitung am Sichtereingang eingeleitet wird. Den Abschluss des Sichterraumes bildet eine Krümmung, durch die der mit Feinpartikeln angereicherte Luftstrom hindurch muss. Dank der Form bildet sich ein Strömungswiderstand, der ein Zurückströmen aus diesem Raum verhindert. Am oberen Teil der Krümmung ist eine Absaugvorrichtung für die Feinpartikel installiert.

Installation auf einer Bandübergabe

Der Sichter ist so konzipiert, dass dieser über einer Bandübergabe installiert werden kann. „Dabei wird Grobgut kontinuierlich von der Bandanlage abtransportiert“, erläutert Tudeshki. „Der Sichter umschließt die Bandanlage derart, dass keine Stäube nach außen gelangen können.“ Hierbei wird nur nach Grob- und Feingut getrennt. Der Trennschnitt kann über eine variable Einstellung der Drehzahl an verschiedenen Stellen geregelt werden. Die Neuentwicklung kommt bereits in einem Steinbruch zum Einsatz.

Rohstoffe haben Vorfahrt

Bei einem der größten Infrastrukturprojekte Schwedens spielen Fördergurte eine entscheidende Rolle. Bei der Baumaßnahme „Förbifart Stockholm“ (wörtlich Vorbeifahrt Stockholm) transportieren Fördergurte tonnenweise Abraum an seinen Bestimmungsort. Die Umgehungsstraße westlich der schwedischen Hauptstadt ist seit 2015 im Bau. Als eine größtenteils unterirdische Nord-Süd-Verbindung soll sie das Zentrum von Durchgangsverkehr entlasten. Die neue Autobahnverbindung „Förbifart Stockholm“ umfasst insgesamt 21 km, davon verlaufen mehr als 18 km bis zu 80 m tief unter der Erde und unterqueren den drittgrößten See Schwedens, den Mälaren an drei Stellen. Nach der geplanten Eröffnung im Jahr 2026 sollen bis zu 11.000 Fahrzeuge pro Stunde beziehungsweise 145.000 Fahrzeuge pro Tag auf drei Spuren je Richtung durch die beiden getrennten Tunnelröhren rollen.

Einfacher wäre es, oberirdische Trassen und Brücken zu bauen. Doch Schweden ist bei der nachhaltigen Stadtplanung führend und stellt die Erhaltung der Umwelt in den Fokus. Tunnelbau ist somit der beste Ansatz. Das erklärte Ziel des Verkehrsministeriums lautet zudem, das gesamte Projekt mit einem möglichst geringen CO2-Fußabdruck zu realisieren.

Vom Megatunnel in den Steinbruch zurück auf die Straße

Beim Bau von Megatunneln wie dem Förbifart-Projekt fällt tonnenweise Abraum an. Eine Reihe von Fördergurtanlagen transportieren das ausgehobene Gestein zu den drei für das Projekt errichteten temporären Häfen. Der Abraum gelangt über die Wasserwege mit Binnenschiffen von der Baustelle in Stockholm nach Löten zu dem Steinbruch von Heidelbergcements Zuschlagstoffunternehmen Jehander. Dort laufen Bänder von Continental.

Transport von Abraum aus dem Stockholmer Megatunnel fr den Straenbau.Foto: Foto: Continental/Bo?rje Svensson

Der Seeweg hat sich im Vergleich zu Lkw-Flotten als die deutlich effizientere Transportvariante herauskristallisiert. Schiffe können pro Ladung 1.500 bis 3.000 t des Gesteins aufnehmen, Lkws hingegen nur 35 t. Pro Tag kommen bis zu vier voll beladenen Schiffe im Hafen von Jehander an. Dieser wird unter anderem als Beton zum Großteil für den Straßenbau wiederverwendet oder er kommt für Wohn- oder Geschäftshäuser in Stockholm und Umgebung zum Einsatz. Dafür muss das Gestein im Steinbruch von Jehander jedoch erst gewaschen, zerkleinert und behandelt werden.

Daniel Grimes von Continental (r.) und Per sander von Jehander im Steinbruch des Unternehmens, wo Continental Frdergurte derzeit unter Hochdruck arbeiten.Foto: Foto: Continental/Bo?rje Svensson

Das Unternehmen betreibt in der Region um Stockholm sechs strategisch günstig gelegene Steinbrüche. „Hier, im Steinbruch in Löten arbeiten unsere Textilfördergurte aufgrund des Großbauprojektes Förbifart derzeit auf Hochtouren“, erzählt Daniel Grimes von Continental. „Sie haben sich bei zahlreichen Projekten mit dem Baustoffunternehmen Heidelbergcement und seinen Tochtergesellschaften in Schweden sowie bei Projekten weltweit als äußerst zuverlässig erwiesen.“ Beides kann Niclas Pettersson von Jehander bestätigen. „Bisher sind etwa sieben Prozent der insgesamt 5,5 Millionen zu verarbeitenden Tonnen des Gesteins aus dem Tunnel angekommen.“

Jedem Band seine Aufgabe

Continental bietet für die unterschiedlichsten Bauvorhaben den jeweils passenden Fördergurt an: Stahlseilfördergurte würden sich für besonders beanspruchende Transportaufgaben eignen, Wellenkantengurte mit geringem Platzbedarf seien ideal beim Ausbau von U-Bahnnetzen. „Sie arbeiten geräuscharm, was gerade in Städten von Vorteil ist“, betont das Unternehmen. Schüttgut könnten sie senkrecht befördern bei Hubhöhen von 400 m und bis zu 6.000 t Abraum pro Stunde abtransportieren. Vorteile bieten Fördergurte auch im Tunnelbau: Für sie müssen keine extra Abgasanlagen installiert werden. (Ute Schroeter)

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