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Doka denkt digital

Ganz im Zeichen der Digitalisierung stand eine Presseveranstaltung, zu der die Deutsche Doka ins Mutterwerk ins österreichische Amstetten eingeladen hatte. Dabei zeigte der Schalungshersteller, wie das Bauen von morgen aussehen kann.

Top secret: Bei der Werksfhrung wurden die komplexen Fertigungsprozesse ausfhrlich erlutert. Fotografieren war jedoch noch gestattet.

Die Doka-Gruppe gehört zum österreichischen Umdasch-Konzern, ein Familienunternehmen, dessen Gesellschafter die Geschwister Hilde und Alfred Umdasch sind. Der Geschäftsbereich Schalungstechnik ist mit deutlichem Abstand der bedeutendste im Konzern. Das machen die Zahlen deutlich: Im 150. Jahr der Umdasch-Gruppe und im 60. Jahr der Doka werden im Schalungsbereich rund 1 Mrd. Euro Umsatz realisiert (Konzernumsatz gesamt: 1,3 Mrd. Euro). 6.000 Menschen arbeiten allein für Doka (Konzern: 8.000). In Amstetten sind es 2.400 Menschen für Doka, davon 1.000 in der Produktion.

Digitalisierte und automatisierte Prozesse in der Produktion

Verschiedene Blicke in die 24 Fertigungshallen machten deutlich, ohne einen hohen Automatisierungsgrad, einhergehend mit digitalen Prozessen, geht auch in der Produktion nichts mehr. Beide Faktoren ermöglichten im 1. Quartal dieses Jahres eine Kapazitätserhöhung um 38%, und das bei knapper Personaldecke. 100 qualifizierte Mitarbeiter fehlen in der Fertigung, die nur teilweise mit Zeitarbeitern aufgefangen werden können. Der Facharbeitermangel in Österreich trifft auch die Doka, die u.a. mit optimierter Prozesstechnik darauf reagiert.

Die Schalungstechniker haben die Digitalisierung fest im Fokus. Und dies nicht nur bei den internen Vorgängen. Kunden sollen ebenfalls profitieren, durch Angebote, die ihnen einen Mehrwert bringen. Erläuterungen dazu gab es bei einer anschließenden Expertenrunde, die mit eigenen Spezialisten besetzt war.

Concremote und der optimale Ausschalzeitpunkt

Den Anfang machte Werner Wenighofer, zuständig für die Geschäftsentwicklung von Concremote. Das System ermöglicht die Echtzeitmessung der Betonfestigkeit im Bauteil. Es wurde vor rund 15 Jahren von dem niederländischen Unternehmen BAS entwickelt, das vor ca. zwei Jahren von der Doka gekauft wurde. Anlässlich der Akquisition sagte Jürgen Obiegli, damals Vorsitzender der Geschäftsführung der Doka-Gruppe, heute CEO der Doka Ventures: „Bereits seit einigen Jahren arbeiten wir mit BAS erfolgreich zusammen. Concremote (ist) eine Sensorlösung zur Festigkeitsmessung von Beton und zur Eruierung des optimalen Ausschalzeitpunkts.“

Werner Wenighofer, der Spezialist fr Concremote.Foto: Foto: Volker Mller

Wie funktioniert das? Sensoren am oder auch im Betonbauteil messen die anstehende Temperatur und übermitteln sie an einen Computer. Der errechnete Reifegrad des Betons wird an die Baustelle zurückgespielt, die aufgrund der ermittelten Betonfestigkeit entscheidet, wann ausgeschalt werden kann. Im Durchschnitt lassen sich mit dieser Technik ca. 20% an Zeit und Kosten einsparen. Zudem wird die Betonqualität erhöht.

Concremote kann aber noch mehr: Wird das System bereits bei der Bauwerksplanung eingesetzt, kann damit die optimale Betonrezeptur gefunden werden, um geplante Betoniertakte einzuhalten.

Zur Frage der Kosten sagte Wenighofer: „Die Hardware ist fast vollständig mietbar. Ausnahme sind beim Einsatz eines Kabelsensors die Kabelteile, die einsatzbedingt im Bauwerk verbleiben. Kostentechnisch liegen wir hier bei ca. 400 Euro Miete im Monat.“ Dazu kommen noch überschaubare Grundkosten, etwa für die Schulung.

Weltweit über 1.000 Referenzen

In der Kosten-Nutzen-Rechnung, so der Referent, lohnt sich der Einsatz, schließlich wurden mit Concremote weltweit schon über 1.000 Projekte umgesetzt, überwiegend in Deutschland: „Wir haben Kunden, die bis zu 70% der Bauzeit eingespart haben oder 25% weniger Vorhaltemenge benötigten.“ Weniger Schalungsmaterial auf die Baustelle zu liefern, das klingt für einen Schalungshersteller irgendwie paradox. Wenighofer ist sich allerdings sicher, dass gerade diese Effizienz, also der optimal geplante und umgesetzte Einsatz der Schalung, von Kunden und Markt künftig noch mehr gefordert werden. „Vor dieser Entwicklung kann man sich verschließen oder sie aktiv mitgestalten, so wie wir. Unseren Umsatz generieren wir ja zudem nicht nur durch Miete und Verkauf von Material, sondern durch unsere Dienstleistungen wie Engineering, Richtmeister, Concremote etc.“

Digitaler Zwilling

Concremote lässt sich zudem als Werkzeug für das BIM nutzen. Der Einsatz in der Planungsphase wurde bereits erwähnt. Hinzu kommt die Dokumentation der Bauproduktionsdaten. Martin Schneider, BIM-Koordinator der Deutschen Doka, nahm diesen Punkt auf und erläuterte die Definitionen von VDC und BIM aus Sicht des Schalungsherstellers. VDC steht für Virtual Design and Construction und meint das digitale Planen und Durchspielen der Baustellenvorgänge im Vorfeld und während des Bauprozesses. BIM, also Building Information Modeling, ist die Basis für alle Prozesse, die an die Informationen und Modelle, die im VDC hinterlegt werden, andockt. Als Ergebnis der ganzheitlichen Planung entsteht ein digitaler Zwilling des Bauprojekts. Im Prozess selbst gibt es eine Vernetzung von Schnittstellen der verschiedenen Gewerke und Akteure zum automatisierten Austausch von Informationen. Das reicht, so Schneider, im ersten Schritt von Architekten über Planer bis hin zu Bauunternehmen und deren Dienstleister. In weiteren Schritte bis hin zum Facility Management, Energieversorger, IT-Dienstleister etc.

Foto: Foto: Volker Mller

Noch umfassender wird es in der digitalen Bauwelt, wenn das Iot, das Internet of Things, ins Spiel kommt. Dabei findet ein Datenaustausch zwischen Maschinen oder Gegenständen im und am Bauwerk statt, und das bis in die Nutzungsphase.

Kollisionen im Bauprozess vermeiden

Für Schneider essentiell ist die Standardisierung und Kompatibilität der genutzten Software. „Was Doka betrifft, so wird seit geraumer Zeit an diesen Schnittstellen für die Modellübergabe gearbeitet. Hierzu wurde das Competence Center VDC/BIM, das seinen Sitz im Headquarte in Amstetten hat, installiert.“ Das Ziel ist klar umrissen: „Doka stellt sein Teilmodell, so wie alle anderen Gewerke auch, auf einer Collaboration Platform zur Verfügung. Der BIM-Koordinator der Baufirma führt diese Teilmodelle in einem Koordinationsmodell zusammen und prüft das funktionale Zusammenspiel der Gewerke. So lassen sich schon frühzeitig mögliche Kollisionen vermeiden, Termine mit Betonmischern oder Schalungsanbietern noch genauer vereinbaren.“

Zur Rolle des Schalungsherstellers in diesem Prozess hält Schneider als Fazit fest: „Wenn wir als Schalungstechniker schon in der Planung, statt während der Angebotslegung hinzugezogen werden, können wir als Experten schon hier wichtige Inputs geben, damit der Kunde selbst die besseren Entscheidungen treffen kann. BIM oder Digitalisierung allgemein ist ja kein Selbstzweck, sondern es geht darum, die Produktivität auf der Baustelle zu erhöhen.“

3D-Druck für Spezialschalung und komplette Gebäude

Ein weiterer Schritt in die digitale Bauwelt ist der 3D-Druck. Mit diesem Thema beschäftigte sich Helmut Hilliges, Projektingenieur bei der Deutschen Doka. Er zeigte am Beispiel einer komplex in sich gewundenen Treppenkonstruktion auf, wozu CAD-Schalungsplanung, CNC-gefräste Holz- und Holzverbundstoffe sowie ein 3D-Drucker für die Produktion von Schalenteilen schon in der Lage sind. Zur Wirtschaftlichkeit und dem Nutzen dieser Technik meinte Hilliges: Betrachtet man den kompletten Aufwand der planerischen Aufbereitung aus 3D-Daten zu 2D-Plänen zuzüglich der handwerklichen Fertigung eines Bauteils, gleichen sich die Kosten bei vielen 3D-Druckverfahren durchaus an. Dabei ist man mit der gedruckten Lösung meist schneller und mit höherer Genauigkeit am Ziel. Zudem werden Lösungen möglich, die die Limits konventioneller Herstellung weit übertreffen.“ Perspektivisch soll es möglich sein, Daten rund um die Welt zu schicken und nah am Ort des Baugeschehens die benötigten Teile zu drucken. Das würde deutliche Kosten für die Fracht sparen.

Doka arbeitet intensiv an der neuen Technik. Im vergangenen Sommer machte das Unternehmen Schlagzeilen, weil es sich mit dem 3D-Druck kompletter Häuser und Teilen der Infrastruktur beschäftigt. Dazu hat Doka Ventures, ein Schwesterunternehmen der Doka, eine Beteiligung an einem US-amerikanischen Unternehmen erworben (mehr dazu: www.baunetzwerk.biz, Suchbegriff: Komplexe Bauwerke aus dem 3D-Drucker).

Virtual und Augmented Reality

Abschließend schilderte Stephan Fliege, Projektingenieur der Deutschen Doka, den Stand der Technik bei der Virtual und Augmented Reality. Die digitale Visualisierung über spezielle Brillen oder Powerwalls ermöglicht bereits in der Angebotsphase eine umfassende Bauwerksanalysen. Auch komplexe Ideen können so leicht nachvollziehbar vermittelt werde.

Stephan Fliege kennt sich aus mit Virtual und Augmented Reality.Foto: Foto: Volker Mller

In der konkreten Planungsphase gestattet die Methode Kollisionsprüfungen und Fehlerkontrollen. Schließlich können Schulungen am virtuellen Modell gemacht werden.

Die teilnehmenden Personen können, je nach eingesetzter Technik, sich frei im virtuellen Raum bewegen, agieren und interagieren. Das Interagieren umfasst das Starten von Animationen, „Anfassen“ von Teilen bis hin zum Zusammenbauen von Baugruppe.

Als Fazit bleibt: Doka, die Umdasch-Gruppe und ihre Tochterunternehmen denken und agieren digital. In der Welt des Bauens und für deren Zukunft ist man sehr gut aufgestellt.

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