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Das Herz an die Sandgrube verloren

Ein Foto aus dem eigenen Betrieb - auch eine schöne Geschenkidee. Sie meinen, dies sei kein künstlerischer Ort? Von wegen: Die Fotografin Liane Köhler aus Burgwedel fotografiert alles, was mit Herz und Liebe zu tun hat. Wir fragten sie, warum sie als Kulisse gerne Sandgruben nutzt.

Foto: Foto: Liane Khler/fotografical.de
Liane Khler, Fotografin und Inhaberin des Fotostudios ?fotografical?Foto: Foto: fotografical

Frau Köhler, Sie haben sich auf Porträtfotografie spezialisiert und bereits unzählige Babys, Schwangere und Hochzeitspaare abgelichtet. Vor kurzem entdeckten Sie
die Sandgrube als außergewöhnlichen Shooting-Ort. Wie kam es dazu?
Liane Köhler: Ich gehöre einer Gruppe von Fotografinnen an, die sich immer wieder gegenseitig unterstützen und inspirieren. Wir beschlossen, ein gemeinsames Outdoor-Shooting zu machen. Da wir uns alle unter anderem auch einen ungewöhnlichen Hintergrund wünschten, kam eine meiner Kolleginnen auf die Idee, die Sandgrube einer Bekannten als Kulisse zu nutzen. Die Betreiberin hat uns dann tatsächlich ihre Zustimmung gegeben, natürlich unter Sicherheitsauflagen. So kam ich Anfang April zu unserem ersten Sandgruben-Shooting in der Nähe von Hamburg. Es war noch ziemlich kalt, aber unsere schwangeren Modelle haben die Zähne zusammen gebissen und trotz der Kälte tapfer bis zum Schluss durchgehalten.

Seither werden Sie öfter in Sandgruben gesichtet…
Liane Köhler: Ja, das Thema hat bei mir regelrecht gezündet, und trotz der kurzen Zeit ist die Sandgrube schon zu so etwas wie zu meinem Markenzeichen geworden. Bisher habe ich Schwangerschaften meistens im Studio fotografiert. Meine Kolleginnen Julia Tietje und Andrea Adolph arbeiten oft draußen. Ohne ihre Inspiration hätte ich die Sandgrube sicher nicht für mich entdeckt. Wir alle haben uns bei unserem Shooting in diese Kulisse verliebt.

Was macht die Sandgrube so reizvoll für einen Fotografen?
Liane Köhler: Es ist der nicht-alltägliche Hintergrund. Normalerweise lassen sich Schwangere oder Familien vor einem Wald, auf einer Wiese oder vor einem See fotografieren. Bei einer Sandgrube ist allein der Sand im Hintergrund, keine sonstigen Dinge, die vom Modell ablenken. Für uns Fotografen sind diese Bedingungen ideal, weil wir uns voll und ganz auf das Porträt konzentrieren können. Außerdem ist Sand ein natürliches, ursprüngliches Material. Wenn ich Neugeborene fotografiere, verwende ich als Ausdruck der Naturverbundenheit häufig Naturmaterialien, zum Beispiel Holz oder Wolle. Von daher passt Sand sehr gut in das Naturkonzept.

Warum tragen Ihre Modelle wallende, auffallende Kleider?
Liane Köhler: Um einen Kontrast zur Umgebung herzustellen, verwenden wir aufwendige Kleider mit zum Teil knalligen Farben, die vor dem sandigen, warmen Ton im Hintergrund toll zur Geltung kommen. Während meine Kolleginnen für unser Projekt sozusagen die Kulisse beigesteuert und wir gemeinsam die Modelle gecastet haben, brachte ich die Kleider aus meinem ständig wachsenden Fundus mit. So bringt sich jeder in das Team ein, und das macht unsere Teamarbeit schließlich auch aus.

Die Rohstoffindustrie steht nicht gern im Rampenlicht. Wie schaffen Sie es, dass Ihnen die Betriebe trotzdem die Tür öffnen?
Liane Köhler: Vertrauen spielt eine große Rolle. Uns sind die rechtlichen Rahmenbedingungen sehr wichtig und wir respektiere die Bedingungen, die uns die Betreiber stellen, allen voran die Sicherheitsauflagen, und dass wir die betrieblichen Abläufe nicht stören. Wir nutzen auch nur bestimmte Teile des Betriebsgeländes. Unsere Kontakte kamen bisher immer über die persönliche Schiene zustande, kürzlich zum Beispiel über eine schwangere Kundin. Dass man sich eine Genehmigung beim Grundstückseigentümer einholt, ist im Übrigen für uns professionelle Fotografen selbstverständlich. Das gilt nicht nur für Sandgruben, sondern für jede andere Location auch. Wir behandeln unsere Kontakte vertraulich, weil wir keinen Massentourismus auslösen möchten. Auch das wissen die Betreiber sehr zu schätzen.

Wie läuft ein Shooting in der Sandgrube ab?
Liane Köhler: Wir gehen in der Regel in den Abendstunden auf das Betriebsgelände, zum einen weil wir dann nicht stören, zum anderen weil ich gerne mit Backlight (Anm. der Red: Licht von hinten) oder im Schatten fotografiere. Kurz vor Sonnenuntergang herrscht ein warmes Licht, das den Sandton schön unterstreicht. Zu dieser Zeit können sich meine Modelle frei bewegen, weil sie von niemandem beobachtet werden. Es kommt eine ganz andere Bildsprache zustande, wenn sich das Modell entspannen kann, anders als auf öffentlichen Plätzen, wo fremde Blicke durchaus störend wirken können.

Foto: Foto: Andrea Adolph/www.fotografie-sandesneben.de

Haben Sie eine spezielle Sandgruben- Ausrüstung?
Liane Köhler: Ich trage keine besondere Kleidung, weil wir ja immer auf einer glatten, festgefahrenen Ebene unterwegs sind, wo normale Outdoor-Kleidung ausreicht. Da ich mich oft auf den Boden lege, um zu fotografieren, habe ich lediglich eine Unterlage dabei. Nur mein Equipment muss vor dem Sand geschützt werden, denn es kann ja immer ein bisschen Wind gehen.

Wie fallen die Reaktionen auf Ihre Bilder aus?
Liane Köhler: Unsere Modelle damals und auch meine Kundinnen jetzt sind schwer begeistert, einfach wegen der ungewöhnlichen Kulisse, dazu die opulenten, fliegenden Kleider, das ist schon etwas ganz besonderes.

Und wie reagieren die Betreiber?
Liane Köhler: Die freuen sich über die Referenzbilder, die ich ihnen schicke. Ich denke, für sie ist es mal was ganz anderes, ihre Grube in dieser besonderen Inszenierung aus der Sicht eines Fotografen zu sehen. (Interview: Ute Schroeter)

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