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Brasilien: Vorm Anstoß

SUSA-Chefredakteurin Ute Möhle begleitete Baumaschinenhersteller Liebherr Anfang November nach Sao Paulo und brachte Eindrücke aus einem Land mit, das Anderthalbjahre vor der Fußballweltmeisterschaft kräftig an seiner Zukunft als Industrienation werkelt.

Das brasilianische Bauunternehmen Odebrecht baut die Arena Corinthians in Sao Paulo, Kostenpunkt: 300 Mio. Euro.Foto: Foto: Ute Mhle

Mario Götze schießt, trifft. Die Fans taumeln. Sie spüren nichts mehr, noch nicht einmal die feuchte Winterluft Brasiliens, die sich mit Schweiß und Tränen auf ihrer Haut niederschlägt. Was macht Pelé da unten auf dem Spielfeld? Mit über siebzig noch einen Elfmeter? Angela Merkel reißt die Arme hoch. Damals, 2002 im Endspiel gegen Brasilien, sind wir am Sieg vorbeigeschrappt. Und jetzt das: Deutschland ist Fußball-Weltmeister – ein Traum. Augen auf: Tatsächlich nur geträumt.

Die „Arena Corinthians“ ist eines von sechs neuen Stadien für die Fußball-WM 2014. Es liegt in der Nähe einer Metro-Station im Osten Sao Paulos. Bauherren sind die „Corinthians“, einer der traditionsreichsten Fußballclubs Brasiliens. Bevor sie ihr Stadion, das knapp 300 Mio. Euro kosten wird, nach der Weltmeisterschaft als Trainingslager nutzen, ertönt hier am 12. Juni 2014 der Anpfiff für das Eröffnungsspiel. Die zuständige Baufirma Odebrecht liegt gut in der Zeit, das Stadion ist zur Hälfte fertig.

Der grte Raupenkran Lateinamerikas wollte einfach nicht aufs Bild passen, sogar die brasilianische Luftwaffe wei von seiner Existenz.Foto: Foto: Ute Mhle

Fast lautlos, begleitet von einem leisen Surren, schwebt ein Stahlelement über die Baustelle hinweg, das in der Dachkonstruktion der Tribüne einen Platz findet. Es hängt am größten Raupenkran Lateinamerikas. „Wir mussten die brasilianische Luftwaffe über die Existenz des Kranes informieren“, sagt Paulo Epifani, Bauleiter bei Odebrecht. Mit 223 Metern Hakenhöhe ist der Liebherr LR 11350 so riesig, dass er nur aus großer Distanz aufs Bild passen will und mit einer maximalen Tragfähigkeit von 1.350 Tonnen so stark, dass der kurze Schwenk wirkt, als würde eine Angel einen Zahnstocher von A nach B transportieren. „Wir verwenden den Kran, um einen Teil der Tribüne aufzustellen, anschließend soll er Schwerlastaufgaben übernehmen“, erklärt Epifani. Zum Kauf konnte sich Odebrecht nicht entschließen, der Kran ist gemietet. Das Unternehmen gehört jedoch seit vielen Jahren zur Stammkundschaft von Liebherr, auch bei diesem Projekt setzt es eigene, ältere Schwerlastkrane von Liebherr ein.

Facettenreiche Gesichter auf Brasiliens Straßen

Brasilianer in Aufbruchstimmung - berall wird gebaut, gewerkelt, geklopft.Foto: Foto: Ute Mhle

Brasiliens Novemberluft ist angenehm warm. An das feuchte, mal unerträglich heiße und im Winter unangenehm kühle Klima hat sich Klemens Ströbele längst gewöhnt, auch die brasilianischen Strategien gegen die Hitze kennt er gut: Brasilianer genießen das Bier nur eiskalt und die Klimaanlagen in Bussen und Hotels lassen Europäer zittern vor Kälte. „Deshalb ziehe ich ein nicht klimatisiertes Büro vor“, sagt der gebürtige Oberschwabe, der vor neun Jahren nach Brasilien ausgewandert ist. Ströbele ist Geschäftsführer von Liebherr Brasil und leitet das Liebherr-Werk in Guaratinguetá, 150 Kilometer von Sao Paulo entfernt.

Die Straen Sao Paulos: Der Verkehr schlft niemals.Foto: Foto: Ute Mhle

Auf der Fahrt ins Werk rauschen die Straßen Guaratinguetás vorüber. Es sind Straßen mit Strommasten, zwischen denen ein Chaos aus Strom- und Telefonkabeln hängt, Straßen mit Staus, alten VW-Bussen und Lkw mit außenliegendem Luftdruckmesser an den Reifen (gibt´s nur in Brasilien). Viele Straßen sind holprig, andere asphaltiert, an manchen wird eine Maut fällig. Die Gesichter der Menschen, die über marode Gehwege spazieren, können unterschiedlicher nicht sein: Die Augen blau oder braun, das Haar blond, schwarz, kraus oder glatt, die Haut hell, dunkel oder schwarz. In den Gesichtszügen der Brasilianer spiegelt sich die Geschichte der Nation wider: Brasilien als größter Kaffeeproduzent der Welt zwang Sklaven aus Afrika herbei, mit Abschaffung der Sklaverei 1888 strömten Europäer, Asiaten und anderes Blut ins Land. Heute wechseln Wortfetzen aus brasilianischem Portugiesisch die Straßenseiten, je ländlicher die Gegend umso geringer die Chance, englischsprechenden Leuten zu begegnen.

Dicht an dicht kauern Häuser und Hütten aneinander. Bei vielen fehlt der Putz, und wenn es doch welchen gibt, paart er sich mit dicken Mauern, Stacheldraht- oder Elektrozaun. Tagsüber könne man sich sicher fühlen, sagt Ströbele. Doch nach 23 Uhr meidet er die Straße und wenn er nachts doch mal mit dem Auto unterwegs ist, lässt er rote Ampeln grün sein. Die Kriminalität in Sao Paulo konnte stark eingedämmt werden, trotzdem feuern die Kluft zwischen Arm und Reich und eine teilweise korrupte Polizei das Morden, die Überfälle und Einbrüche immer wieder an.

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