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6. Deutsche Pflastertage

Die Deutschen Pflastertage haben sich zu einer festen Größe in der Branche entwickelt. Die aktuelle Veranstaltung verzeichnete eine Beteiligung auf Rekordniveau und bot Fachinformationen pur.

Sebastian Geruschka heit die Teilnehmer Willkommen.
Sebastian Geruschka heit die Teilnehmer Willkommen.

Der Wissensdurst der Pflasterbranche scheint unendlich zu sein. 250 Interessenten folgten der Einladung von Sebastian Geruschka, Geschäftsführer des Straßen- und Tiefbaugewerbes im Zentralverband des Deutschen Baugewerbes, zu den 6. Deutschen Pflastertagen nach Fulda ins Kongress- und Kulturzentrum. Damit war die Zahl der Beteiligten gegenüber der Vorveranstaltung vor zwei Jahren nochmals um mehr als 10% gestiegen. Eingefunden hatten sich Bauunternehmer, Sachverständige, kommunale Vertreter und erneut 14 Unternehmen, die ihre Produkte für die Branche in einer Begleitausstellung präsentierten.

Die erfreuliche Resonanz ist bemerkenswert, da es zurzeit eine Fülle ähnlicher Vortragsreihen zu geben scheint. So hatte etwa die Firma Nüdling am Tag zuvor am selben Ort zur FCN-Academy geladen und konnte zahlreiche Gäste begrüßen.

Zunft mit Zukunft

Die Wanderausstellung ?Pflasterhandwerk ? Zunft mit Zukunft? zeigt die Geschichte und den aktuellen Stand des Handwerks auf.Foto: Foto: Volker Mller

Flankiert wurde das Ganze von der Wanderausstellung „Pflasterhandwerk – Zunft mit Zukunft“, die vom Netzwerk Pflasterbau in Szene gesetzt wurde. Die Ausstellung zeigt die Entwicklung dieses Handwerks im Laufe der Geschichte bis zu aktuellen Techniken auf. Dipl.-Ing. Rüdiger Singbeil, Kurator Netzwerk Pflasterbau, nannte als Ziele der Ausstellung, das Berufsbild des Pflasterers wieder nach vorne zu bringen und das Interesse des Nachwuchses für diesen Beruf zu wecken.

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Zwölf spannende Themen rund ums Pflaster wurden den Teilnehmern am 20. Februar und am 1. März während der Vortrags- und Diskussionsveranstaltung präsentiert. Der thematische Bogen spannte sich dabei von den Grundlagen der Regelwerke über Entwässerungssysteme, Mängelursachen, Schadensvermeidung, neuen Bauweisen, Bewegungsfugen bis hin zu Empfehlungen für die Kalkulation.

Dipl.-Ing. Rdiger Singbeil, Kurator Netzwerk Pflasterbau, weist auf die Begleitausstellung hin.Foto: Foto: Volker Mller

„Die Dicke bringt‘s.“

Den Anfang machte Alexander Eichler von der Lithonplus GmbH amp; Co. KG mit seinem Beitrag „RSTO – die fachgerechte Dimensionierung von Pflasterdecken und Plattenbelägen“. Seine Ausführungen beschäftigten sich mit den unterschiedlichen Belastungsklassen und Bauweisen. Sein Leitmotto lautet: „Die Dicke bringt‘s.“ Er meint damit die Dicke des Steins, die für eine sichere Performance sorgt. Für zusätzliche Sicherheit, so seine Einschätzung, sorgen Steine mit Verschiebsicherung. Dazu zeigte er einige Verlegebeispiele aus der Praxis und empfahl, das Pflaster und die Tragschicht immer als System zu betrachten.

Dipl.-Ing. (FH) Wulf Schneider, Sachverständiger für das Straßenbauer- und Pflasterhandwerk, referierte zu dem Thema „Natursteinpflasterflächen – Hinweise auf BauPVO, Norm 1342, ZTV Pflaster und die Ausschreibung einer ungebundenen Pflasterfläche“. Er erläuterte das Regelwerk und die CE-Kennzeichnung.

Aufmerksam verfolgen die Teilnehmer die Vortrge.Foto: Foto: Volker Mller

„Trauen Sie keinem Zeugnis!“

Zur CE-Kennzeichnung merkte er an, dass sie lediglich eine Leistungserklärung des Herstellers ist. „Trauen Sie keinem Zeugnis“, lautete der Rat des Sachverständigen, vielmehr rief er dazu auf, Materialeingangsprüfungen zu machen. Dann setzte er sich kritisch mit der künftigen DIN 18318 auseinander und ging auf deren Mängel ein. „Völlig unbefriedigend“ sind für ihn die zu großzügigen Regelungen zum Höhenausgleich (mehr zu diesem Thema lesen Sie in dem zweiteiligen Beitrag des Autors in der Straßen- und Tiefbau, Ausgabe 1 und Ausgabe 2/2018).

Die neue ATV DIN 18318 soll im Herbst in die neue VOB aufgenommen werden. Als Obmann maßgeblich beteiligt an dem Regelwerk war Dipl.-Ing. Walter Braun. Verständlich, dass er die Aussagen von Schneider so nicht im Raum stehen lassen wollte. Seit Vortrag trug den Titel „Fehlerquellen beim Pflastern – vermeidbar durch Anwendung der ATV DIN 18318“. Das Gremium, das die 18318 erarbeitet hatte, bestand aus Straßenbauern, Gala-Bauern, Vertretern der öffentlichen Hand und Herstellern. Damit ist die Anwendungsbandbreite größer geworden. Braun zeigte dann die Neuheiten auf. Hinzugekommen ist z.B., dass der Auftraggeber zukünftig die Wartung der Pflasterflächen mit ausschreiben sollte, etwa für die Fugenpflege. Ebenfalls Einzug gehalten haben z.B. zusätzliche Korngrößen für Gesteinskörnungen bzw. Gesteinskorngemische für ungebundene Bettungen und ungebundene Fugen sowie die Gefälleausbildung. Abschließend bemerkte der Referent zur DIN 18318:„Die Anwendung wird nicht einfach werden …“

Was gibt es in Sachen Entwsserung bei Aco? Stefan Niehaus klrt auf.Foto: Foto: Volker Mller

Stefan Niehaus von der Aco Tiefbau Vertrieb GmbH konzentrierte sich auf „Dichte Entwässerungssysteme für den Einbau in Pflasterflächen“. Er wies auf die Bedeutung der Dichtheit der Systeme hin, um Schadstoffe gezielt sammeln zu können und somit Bauwerke und Grundwasser zu schützen. Dazu präsentierte er eine Reihe verschiedener Systeme des Herstellers.

Prof. Dr.-Ing. Holger Lorenzl, FH Lübeck, stellte „Die neue ZTV-Pflaster – Ergänzung oder Abgrenzung zur neuen ATV DIN 18318“ vor. Die ZTV steht kurz vor der Veröffentlichung. Lorenzl erläuterte die Details der Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und ging auf die Unterschiede zur parallel erscheinenden 18318 ein. Nach seinem Vortrag gab es viel Lob aus dem Publikum für den Referenten. Gleichzeitig tauchte die Frage auf, warum sich die beiden Gremien zur ZTV und ATV nicht zusammenschließen, um Irritationen und Widersprüche in beiden Regelwerken von vornherein auszuschließen.

Qualität entscheidet sich auf der Baustelle

In den Kommunikationspausen geht es zum Informationsaustausch bei den Ausstellern.Foto: Foto: Volker Mller

Es oblag dem Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) Jürgen Dieker wieder mehr Baupraxis und Gelassenheit in die Vortragsveranstaltung zu bringen. Mit seinem sehr unterhaltsam vorgetragenen Beitrag „Fallbeispiele aus der Gutachterpraxis – Mängelursachen, Bewertung, Fehleranalysen“ machte er deutlich, egal, welche Regelwerke für eine Baumaßnahme zugrunde gelegt werden, die ausgeführte Qualität entscheidet sich auf der Baustelle und ist letztlich abhängig von der Qualifizierung und dem Selbstverständnis des Personals. Er brachte in diesem Zusammenhang den n.d.I. ins Spiel, den nicht denkenden Ingenieur, was für große Erheiterung im Saal sorgte. Gleichzeitig appellierte er an die Sachverständigen, kompromisslos auf die Einhaltung der geforderten Qualitätsstandards zu achten.

Blow-ups und Aufschüsslung

Team-Vortrag von Dipl.-Ing. Bernd Burgetsmeier (l.) und Prof. Dr.-Ing. Carsten KochFoto: Foto: Volker Mller

Mit einem Team-Vortrag endete der erste Tag. Prof. Dr.-Ing. Carsten Koch von der TH Köln und der Sachverständige Dipl.-Ing. Bernd Burgetsmeier widmeten sich gemeinsam dem Thema „FGSV-Regelwerk – Inhalt und Bedeutung des neuen Merkblattes für die gebundene Pflasterbauweise“. Die Referenten zeigten Beispiele für den Einfluss der Temperatur auf die gebunden Bauweise, etwa die gefürchteten Blow-ups, die an heißen Sommertagen entstehen können, oder die Aufschüsslung an kalten Wintertagen. Diese Extremfälle machen deutlich, die Bettung muss mitarbeiten, da die Fuge allein die Kräfte nicht aufnehmen kann. Zudem rät Koch, im Sommer nicht bei plus 30 bis 40 Grad Celsius einzubauen, sondern etwa bei 15 Grad. Wichtig ist zudem der Haftvermittler zwischen Pflaster und Bettung.

Um Spannungen in der Decke zu reduzieren, empfiehlt es sich, Bewegungsfugen einzuplanen. Alternativ kann auf das Auftreten von Rissen gewartet werden, die dann zu Bewegungsfugen ausgebildet werden können. Burgetsmeier wies zudem darauf hin: „Enge Fugen sind in der gebundenen Bauweise ein Problem.“ Nach seiner Erkenntnis sollte deren Breite zwischen 8 und 11 mm liegen.

Gute Baustoffe + sorgfältige Verarbeitung = gutes Ergebnis

Der zweite Tag startete mit Dipl.-Ing. Arno Tröger, freier Sachverständiger Garten- und Landschaftsbau. In seinem Referat „Schadensvermeidung bei teilweise oder ganz überdachten, befestigten Flächen mit Pflaster- und Plattenbelägen“ veranschaulichte er, dass mit guten Baustoffen bei sorgfältiger Arbeit gute Ergebnisse zu erzielen sind. Dazu zeigte er Beispiele aus seiner Berufspraxis, gab Tipps für Bauweisen und zeigte Möglichkeiten für gelungene Sanierungen auf.

Prof. Dr.-Ing. Martin Köhler von der Hochschule Ostwestfalen-Lippe rückte „Das FGSV-Merkblatt für die Bauliche Erhaltung von Verkehrsflächen mit Pflasterdecken oder Plattenbelägen“ in den Fokus. Er ging dabei auf die Zustandserfassungen ein und erläuterte Schadensbilder sowie Schadensursachen. Schließlich stellte er Maßnahmen der Instandhaltung und Erneuerung vor.

Lärmarme Pflasterbauweisen

Dipl.-Ing. Dietmar Ulonska, Betonverband Straße, Landschaft, Garten, setzte sich mit dem Thema „Lärmarme Pflasterbauweisen – Planung, Ausführung, Erhaltung“ auseinander. Nach seiner Einschätzung kann die Pflasterbauweise bei der Auswahl geeigneter Steine und Verlegung bezüglich Lärmemissionen durchaus mit der konventionellen Asphaltbauweise mithalten. Das dokumentieren Fahrbahn-Geräusch-Untersuchungen an zwanzig Strecken. Voraussetzungen sind ein geringer Fugenanteil bzw. schmale Fugen. Die Verlegung im Diagonalverband bietet sich hier an. Unterschiedliche Formate sollten jedoch vermieden werden. „Finger weg von diesen Spielzeug-Mustern“, mahnte Ulonska.

Vorsicht ist zudem geboten bei den trendigen schlanken Formaten und bei gefasten oder gerundeten Steinen. Akustisch zählen sie zur Fugenbreite, die die Fahrgeräusche deutlich erhöhen.

Konzentration bis zur letzten Minute: Der Saal bleibt bis zum Schluss besetzt.Foto: Foto: Volker Mller

Fugenfüllstreifen aus Polyolefin

Dipl.-Ing. (FH) Siegfried Jakob thematisierte „Bewegungsfugen in gebundenem Pflaster, bei Borden und Rinnen – Praxis, Regelwerk und Entwicklung; Ausführungsbeispiele und Materialien“. Das grundsätzliche Problem bei Bewegungsfugen sind für den Referenten die Fugenfüllungen. Nicht geeignet sind nach seiner Einschätzung Füllungen aus Weich- und Hartschaumplatten, da sie nur geringe Rückstellkräfte und Rückstellfähigkeiten sowie eine zu große Stauchhärte haben. Auch Füllungen aus Gummigranulat oder Kautschuk fallen bei ihm durch. Gute Erfahrungen hat er hingegen mit Fugenfüllstreifen aus Polyolefin gemacht, die sich sogar als „Zick-Zack-Fuge“ einsetzen lassen.

Mit dem Beitrag „VOB/C richtig verstehen – Fehler vermeiden bei Kalkulation, Nachträgen, Mehrkosten“ von RA Prof. Dr. Mark von Wietersheim vom Forum Vergabe e.V. gingen die 6. Deutschen Pflastertage zu Ende. Er machte deutlich, dass lückenhafte Ausschreibungen für den Auftragnehmer böse Fallstricke beinhalten können. Der Unternehmer ist aufgrund seines Sachverstandes verpflichtet, den Ausschreibenden auf diese Mängel hinzuweisen.

Die Teilnehmer nutzten die Kommunikationspausen intensiv für den fachlichen Austausch untereinander und für den Dialog mit den Ausstellern. Lebhaft ging es oft nach den Vorträgen zur Sache. Dann dokumentierte das qualifizierte Auditorium, warum die Pflastertage auch als Diskussionsveranstaltung angekündigt werden. Hellwach und immer kritisch gab es Anmerkungen zu den vorgetragenen Inhalten oder Ergänzungen aus der Pflasterpraxis.

Fazit: Die 6. Deutschen Pflastertage waren eine rundum gelungene Veranstaltung. Die 7. Deutschen Pflastertage finden in Fulda am 25. und 26. Februar 2020 statt.

Volker Müller

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