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Setzungsbremse für Fahrbahnrampen

Im Bereich von wenig tragfähigen und setzungsempfindlichen Untergründen werden Brücken über Gewässer oder Straßen tief gegründet. Die Rampen, die eine Straße auf eine Brücke führen, werden jedoch meistens konventionell hergestellt. Die Folge ist ein Absacken der Straßenrampen. Wie eine nachhaltige Sanierung aussehen kann, zeigt das folgende Beispiel.

Das Brckenbauwerk fhrt die Kreisstrae K 50 ber den Indiekkanal.
Zustand der Brcke im Herbst 2002.Foto: Foto: Beyer

Eine Tiefgründung erfolgt entweder über die Mantelreibung von Spundbohlen, oder es werden Pfähle bis in die tragfähigen Schichten getrieben. Die Rampen, die die Straße auf die Brücke führen, werden jedoch meistens konventionell hergestellt. Die Folge ist ein Absacken der Straßenrampen, die dann standardmäßig immer wieder mit Asphalt ausgeglichen werden, was aufgrund des höheren Gewichts entsprechend zu gleichen Setzungsdifferenzen in einem noch kürzeren Zeitraum führt.

Nun wurde ein Verfahren für nachhaltige Sanierung entwickelt, dafür hat der Landkreis Cuxhaven Geld für die Voruntersuchungen zur Verfügung gestellt und dieses insgesamt erfolgreiche Pilotprojekt finanziert. Die Straßenbaufirma Mehrtens Ingenieurbau GmbH, Bramstedt, und das Spezial-Bauunternehmen Uretek Deutschland GmbH, Mülheim an der Ruhr, setzten das Erneuerungskonzept in die Praxis um. Die Erneuerung, deren Konzept von Dr.-Ing. Helge Beyer, Hannover, stammt, fand nach Voruntersuchungen der ELH Ingenieure GmbH, Hannover, im November 2004 statt. Im Jahr 2014 wurden von der ELH Ingenieure GmbH vor Ort und im bodenmechanischen Labor Nachuntersuchungen durchgeführt. Nach zehn Jahren Bewährung in der Praxis wird nun dargestellt, wo und in welchem Zustand das damals injizierte Expansionsharz im Straßenaufbau bzw. im Boden anzutreffen ist und wie sich die zunächst theoretisch erarbeitete Gewichtsentlastung in der Praxis hinsichtlich der Setzungsminderung ausgewirkt hat.

Das Brückenbauwerk führt die Kreisstraße K 50 über den Indiekkanal, der zwischen den Ortschaften Sandstedt und Offenwarden in die Weser mündet. Die Straßenrampen der Indiekkanalbrücke wurden mit Asphalt angeglichen, und der Anstrich der Brücke zeigt die ursprüngliche Höhe der Straßenrampe und des umgebenden Bodens im Zustand des Neubaus der Brücke. Die Schadensursache ist der setzungsempfindliche Untergrund, der ein Absacken der Straßenrampen bedingt. Dieser Prozess wird durch das erneute Aufbringen von Asphalt, der die Setzungsunterschiede ausgleichen soll, wegen der erhöhten Auflast beschleunigt.

Erkundungen vor der Erneuerung

Zur näheren Erkundung des Straßenaufbaus und der bis zum Klei-/Torf-Horizont unterlagernden Schichten wurden im April 2004 zur Vorbereitung der Injektionsarbeiten im Bereich der Rampen der Indiekkanalbrücke von der ELH Ingenieure GmbH, Hannover, zehn Kernbohrungen in Verbindung mit Kleinrammbohrungen bis in eine Tiefe von t = 3,00 m bis 5,00 m unter Fahrbahnoberkante niedergebracht. Zusätzlich steht noch das Ergebnis einer alten Erkundung aus der Zeit des Baus der Brücke zur Verfügung.

Bohrprofil der Erkundung B 11 vor dem Bau der Brcke.Foto: Grafik: ELH Ingenieure GmbH

Aus den Profilen war zu erkennen, dass unter den bis zu mehr als 80 cm dicken Asphaltschichten ungebundene Tragschichten anstehen, die in einer Tiefe von 0,60 m bis 1,90 m unter Gelände von aufgefülltem Sand unterlagert werden. Darunter liegt, mit der Oberfläche auf etwa 1,70 m bis 3,50 m unter Fahrbahnoberkante in den meisten Bohrungen Klei, und in einigen Bohrungen Torf. Der Klei und der Torf wurden bis zur Endtiefe dieser Aufschlüsse nicht durchörtert. Im Klei sind in unterschiedlichen Mächtigkeiten und Tiefen Torfstreifen eingelagert. Nach der alten Bohrung (B 11) steht der Klei mit Torfschichten bis in eine Tiefe von 11,20 m unter Gelände an und wird dort von Kies-Sand unterlagert.

Erneuerungskonzept für die Straßenrampen im Jahr 2004

Der Asphalt wies nach den Ergebnissen der Bohrungen Dicken von 50 cm bis 82 cm auf. Dieser Fahrbahnaufbau hatte aufgrund der großen Asphaltdicken ein relativ hohes Gewicht, das durch die ständige Praxis des Profilausgleichs mit Asphalt immer weiter steigen würde und damit zwangsläufig weiter zunehmende Setzungen im Untergrund hervorriefe. Bereits an anderer Stelle war versuchsweise mit Blähton als Bodenmaterial erfolgreich zum Aufbau einer Rampe gearbeitet worden. Setzungsmessungen zeigten gute Wirkung des Verfahrens, das allerdings als Erneuerungsverfahren den Nachteil hatte, dass zum Einbau des Blähtons der gesamte Straßenaufbau und -unterbau sowie ein Teil des Erdkörpers ausgebaut werden mussten.

Die Überlegungen führten im Zusammenhang mit der vielfach angewendeten Injektionstechnik der Uretrek Deutschland GmbH dazu, das sehr leichte Expansionsharz zu verwenden, um den Straßenaufbau anzuheben. Der Gewichtsabbau sollte dann durch das Abfräsen des angehobenen Asphalts an der Oberfläche und ohne umfangreiche Erdarbeiten erfolgen. Dadurch wurden im Wesentlichen die „neuen“ Asphaltschichten abgefräst und die ganz alten, zum Teil auf Teerbasis hergestellten, Asphaltschichten verblieben als gebundener Aufbau und mussten nicht entsorgt werden. Um die ursprüngliche, zum Befahren optimale Gradiente wieder zu erreichen, war zu berücksichtigen, dass bereichsweise ein zusätzlicher Asphaltauftrag erforderlich war.

Es wurde folgendes Erneuerungskonzept erarbeitet:

  • Anheben der Fahrbahnrampen durch Injektionen des Zweikomponenten-Expansionsharzes auf ein Niveau, das ein Abfräsen von bis zu 35 cm Asphalt erlaubt. Die abgefrästen Flächen sollten nach dem Fräsen 4 cm unterhalb des zukünftigen Fahrbahnniveaus liegen. Die Verringerung der Asphaltdicke um insgesamt ca. 31 cm entlastet den Untergrund um mehr als 700 kg/m²; dies entspricht einer Reduzierung des Gewichts des Gesamtaufbaus auf die Klei-/Torfschichten um mehr als 20%. In den Bereichen mit großen Asphaltdicken ist die Fahrbahn stärker zu heben, um durch das Abfräsen eine stärkere Entlastung dieser Bereiche zu erzielen. Die Oberfläche der Fahrbahn im gehobenen Zustand kann ungleichmäßig sein, da die endgültige Gradiente durch das Fräsen bestimmt wird.
  • Anspritzen der gefrästen Fahrbahn mit einer Bitumenemulsion U 70 K PmB, Verlegen eines Verbundstoffs (Vliesstoff mit Glasgitter) in die teilgebrochene Bitumenemulsion und Einbau einer 4 cm dicken Asphaltdeckschicht 0/11. Der Verbundstoff verhindert bzw. verzögert das Durchschlagen von Rissen an die Fahrbahnoberfläche, gewährleistet die Abdichtung und verlängert dadurch die Lebensdauer der Straße.
  • Es sollte nur so viel gehoben werden, dass nach dem Abfräsen des Asphalts ein mindestens 10 cm dickes Asphaltpaket als Widerlager für den Einbau und die Verdichtung der neuen Asphaltdeckschicht verbleibt. Unter dieser Voraussetzung wird auch die 1971 eingebaute 1. Asphalttragschicht, die sicherlich beim Kontakt mit den Fräsköpfen auseinanderbrechen würde, nicht angetastet.

Das Expansionsharz ist umwelttechnisch bedenkenlos und beim Ausbau als Hausmüll zu behandeln. Es kann aber auch in geringem Umfang in ungebundenen Schichten wieder verwendet werden.

Prinzip des Erneuerungskonzeptes.Foto: Grafik: Beyer

  • Schneiden und bereichsweise Fräsen des Asphalts im Übergang zwischen Brücke und Straßenrampe (in Querrichtung) und zwischen dem Asphalt und den Flügelwänden der Brücke sowie am Erneuerungsanfang und -ende.
  • Injektion der Straßenrampen; aufgrund des hohen Gewichts wurden die vorhandenen Asphaltschichten erst gefräst und konnten dann langsam gehoben werden
  • Fräsen des Asphalts und Injektion der Asphaltunterlage im Wechsel; tagsüber wurde injiziert und abends die Fläche gefräst. Die Oberfläche wurde nach dem Fräsen und parallel zum Injizieren nivelliert.
  • Fräsen auf das endgültige Niveau, 4 cm unterhalb der späteren Oberfläche, entsprechend einer fahrdynamisch einwandfreien Fahrbahnoberfläche.
  • Vorbereitung der Unterlagen, grobe Unebenheiten mit Asphalt ausgleichen, Risse verschließen, anspritzen mit Bitumenemulsion und Verlegen der Asphalteinlage.
  • Überbauen der Asphalteinlage mit einer Asphaltdeckschicht.

Die folgenden Abbildungen zeigen einzelne Phasen des Bauablaufs:

Der Asphalt wurde durchbohrt, ein Kupferrhrchen in das Bohrloch gesteckt, die Injektionspistole auf das Kupferrhrchen gesetzt und injiziert. Den Grad der Hebung konnte man anhand eines Messwertgebers ber eine lasergesteuerte Nivelliereinrichtung ablesen.Foto: Foto: Beyer
Das Expansionsharz tritt im Bereich der nicht mehr intakten Entwsserungseinrichtung aus. Im Hintergrund sieht man die Baustelleneinrichtung (Lkw) fr die Injektion. Am linken oberen Bildrand ist das Schneiden des Asphalts im bergang zwischen Brcke und Straenrampe zu sehen.Foto: Foto: Beyer
Heben des Asphalts im Bereich der Fuge zur Brcke.Foto: Foto: Beyer
Bis zu 30 cm gehobener gefrster Asphalt im Bereich der Stahlschiene zwischen Brcke und Straenrampe.Foto: Foto: Beyer
Verlegen der Asphalteinlage.Foto: Foto: Beyer

Die Brücke und die Rampen sind im Jahr 2014 mit einer Oberflächenbehandlung (OB) versehen worden, so dass der vorhandene Oberflächenzustand der Fahrbahn visuell nicht eindeutig beurteilt werden kann. Die durchgeführten Beobachtungen in den vergangenen Jahren belegen, dass die Fahrbahnoberfläche keine Schäden aufwies.Am nördlichen Übergang der Fahrbahn zur Brücke gibt es aktuell keinen Höhenunterschied. Am südlichen Anschluss der Rampe an die Brücke gibt es zurzeit einen „Absatz“ von 1 cm.

Am 4. und 5. September 2014 wurden von der ELH Ingenieure GmbH zwölf Kernbohrungen – z.T. in Verbindung mit Kleinrammbohrungen bis in eine maximale Tiefe von 3,00 m – auf der Fläche der beiden Rampen Richtung Sandstedt (Nord) und Richtung Offenwarden (Süd) durchgeführt, um die Verteilung und den Zustand des Harzes zu überprüfen und die erforderlichen Proben zu entnehmen. Die folgende Abbildung zeigt die Bohrprofildarstellungen.

Bohrprofile des Rampenaufbaus mit Baugrund.Foto: Grafik: ELH Ingenieure GmbH

Aus den Profilen ist zu erkennen, dass die Asphaltschichten (in den Profilen schwarz und dunkelgrau gekennzeichnet) Dicken von unter 22 cm bis 76 cm aufweisen. In und unterhalb der Asphaltschichten ebenso wie in den „Schottertragschichten“ (gelb gekennzeichnet) und im Füllsand (grau-gelb gekennzeichnet) wurden Expansionsharzschichten (rot gekennzeichnet) in unterschiedlichen Dicken mit und ohne Beimengungen angetroffen. Ab einer Tiefe von 1,90 m bzw. 2,50 m steht Klei (lila gekennzeichnet) bzw. Torf (braun gekennzeichnet) an. Nicht in jedem Fall sind ausgeprägte Harzschichten festzustellen. Zu großen Teilen ist das Harz diffus im Boden verteilt. In den Bohrungen wurde der Harzgehalt mit roten Strichen in den entsprechenden Schichten gekennzeichnet. Die Kernbohrungen wurden durch den Asphalt und – soweit möglich – in das Harz gebohrt. Die folgende Abbildung zeigt beispielhaft, wie das Harz angetroffen wurde.

Bohrung B 2 ? Harz in der ungebundenen Tragschicht und darunter praktisch ohne Fremdbestandteile.Foto: Foto: ELH Ingenieure GmbH

In der idealen Form, als praktisch fremdbestandteilfreier Körper, konnten nur wenige Kerne entnommen werden. Zum Teil ergeben die Dicken der erbohrten Harzschichten durchaus in ihrer Summe ein der Hebung entsprechendes Maß. Zum Teil sind aber solche Harzschichten in den Bohrungen nicht zu finden. Es kam dort zu Durchmischungen mit dem anstehenden Sand, die einwandfreie Trennungen von Sand und Harz vermissen lassen.

In der Regel war das Harz in dünneren Schichten im Straßenaufbau enthalten und teilweise nur mit der Kleinrammsonde zu gewinnen. Dabei ist an den Proben häufig eine Durchmischung mit den Tragschichten und dem umgebenden Füllboden zu beobachten.

Die verschiedenen Arten von Expansionsharzkörpern, den reinen Körper aus Expansionsharz in mehreren Lagen und das mit Tragschicht, Füllboden bzw. Asphalt durchmischte Gebilde, sind häufig auch in einem Bohrkern enthalten.

Dichtebestimmungen im Labor 2014

Die „durchmischten Proben“ bestehen aus relativ dünnen Harzlamellen innerhalb des Bodens, die für Raumgewichtsbestimmungen (Dichte) nicht geeignet sind. Da nur wenige Kerne mit Harz ohne Fremdbestandteile entnommen werden konnten, standen nicht aus jeder Bohrung Kerne bzw. Probekörper für die Dichtebestimmung zur Verfügung.Es ergaben sich für die „Mischproben“ (Expansionsharz + Sand oder Brechkorn) Trockendichten zwischen 0,986 g/cm³ bis 1,408 g/cm³. Die Bestimmungen der Trockendichte der Harzproben mit wenig bzw. ohne erkennbare Fremdbestandsteile ergaben Werte von 0,112 g/cm³ (112 kg/m³) bis 0,356 g/cm³ (356 kg/m³).

Zusammenfassung

Im Rampenbereich der 1971 auf Spundbohlen gegründeten Brücke der Kreisstraße 50 über den Indiekkanal waren Absenkungen der Fahrbahn aufgetreten. Ursache der Absenkungen war die große Kompressibilität der im Untergrund anstehenden organischen Böden. Ziel des Erneuerungskonzepts, das im Herbst 2004 realisiert wurde, war eine Auflastverminderung, um die Geschwindigkeit der Setzungen erheblich zu verringern, im optimalen Fall zu stoppen. Es zeigte sich, dass in den seither vergangenen zehn Jahren eine Höhenkorrektur der Rampen nicht erforderlich war. Am nördlichen Übergang zwischen Brücke und Rampe ergaben sich keine Höhendifferenzen und am südlichen Übergang nur 1 cm nach zehn Jahren.

Die entnommenen Proben zeigen, dass dort, wo sich dicke Harzschichten ausbilden konnten, das Harz ohne Verlust an Festigkeit vorhanden ist und auch durch Kernbohrungen Proben entnommen werden konnten. Bedingt durch die Einbringung des Harzes mit relativ geringen Mengen je Zeiteinheit bildeten sich nicht immer kompakte, reine Harzschichten beim Heben. Insbesondere in nicht-bindigen Bodenschichten bildeten sich auch dünne horizontale Lamellen, die sich im Randbereich mit dem aufgebrachten Füllsand bzw. Brechkornmaterial des Straßenaufbaus vermischten. Diese Tatsache hat aber augenscheinlich keinen negativen Einfluss auf die Wirksamkeit des Verfahrens. Außerdem zeigte sich, dass das Harz auch in die vorhandenen Hohlräume im Asphalt eingedrungen ist und die Schichten verklebte. Für reine Harzproben bzw. Harzproben mit nicht feststellbarem Sandgehalt waren Raumgewichte von 0,112 g/cm³ (112 kg/m³) bis 0,356 g/cm³ (356 kg/m³) festzustellen.

Blick in Richtung Offenwarden der erneuerten Nordrampe.Foto: Foto: Beyer

Fazit und Bewertung

Nach den Feststellungen vor Ort ist das Verfahren der Injektion von Expansionsharz und der damit verbundenen Gewichtsminderung durch Anheben mit dem Harz und Abfräsen des schweren Asphalts bis zur gewünschten Gradiente in Verbindung mit dem Einbau einer Asphalteinlage und der neuen Asphaltdeckschicht eine gut geeignete Methode, um Fahrbahnrampen in ähnlichen Situationen – mit großen Setzungsdifferenzen relativ zum Brückenbauwerk – nachhaltig zu erneuern.

Die hier durchgeführte Erneuerung kann hinsichtlich der beabsichtigten Wirkung als „Setzungsbremse“ für Fahrbahnrampen von Brücken auf „Weichböden“ – wenig tragfähigen, setzungsempfindlichen Böden – als voller Erfolg gewertet werden.

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