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Forstliches Rekultivieren nach dem Kiesabbau

Für das Kiesabbaugebiet „Eichle“ leitete das Regierungspräsidium Freiburg ein umfangreiches Raumordnungsverfahren ein. Der forstlichen Rekultivierung wurde eine besondere Bedeutung zugesprochen. Die Rekultivierung von „Eichle“ zeigt, dass nach dem Rohstoffabbau zügig Waldbestände geschaffen werden können.

Forstliche Rekultivierungen von Abbaustätten waren in der Vergangenheit nicht immer befriedigend. Viele Misserfolge hatten ihre Ursachen in unsachgemäßem Umgang mit den Böden und in geländemorphologisch bedingten ungünstigen kleinklimatischen Bedingungen. Im Kiesabbaugebiet „Eichle“ wurden in allen für die Rekultivierung wichtigen Phasen die Vorgaben der Broschüre „Forstliche Rekultivierung“ des Landesarbeitskreises Forstliche Rekultivierung von Abbaustätten konsequent umgesetzt. Das Beispiel soll zeigen, dass nach dem Rohstoffabbau bereits in der ersten Waldgeneration ordentliche Waldbestände geschaffen werden können.

Für das Kiesabbaugebiet „Eichle“ leitete das Regierungspräsidium Freiburg ein umfangreiches Raumordnungsverfahren ein. Der forstlichen Rekultivierung wurde eine besondere Bedeutung zugesprochen. Eine Maßgabe war, einzelne Alt- und Totholzinseln zu belassen. Zusätzlich sollte durch die gezielte Anlage von Stubbenwällen eine Vernetzung zwischen dem belassenen Wald und den jungen Forstkulturen geschaffen werden. Die planerischen Vorgaben hatten zum Ziel, günstige Bedingungen für die Wiederbesiedlung der Rekultivierungsflächen mit den Tier- und Pflanzenarten aus den alten Buchenmischwäldern zu schaffen.

Arbeitsschritte der forstlichen Rekultivierung

1. Herstellung der Rekultivierungsschicht

Die technische Rekultivierung legt den Grundstein für eine erfolgreiche Wiederbewaldung. Dem Kiesabbau folgend wurde in acht Abschnitten das Gelände modelliert, die Rohplanie tiefengelockert und im Anschluss ausschließlich autochthoner Ober- und Unterboden wiedereingebaut. Ein besonderes Augenmerk wurde im Abbaugebiet „Eichle“ auf die Geländemodellierung gelegt. Hier galt es, die Geländeform möglichst gut in die natürliche Umgebung einzupassen und den Kaltluftabfluss so zu steuern, dass die zu etablierenden Forstkulturen keinem erhöhten Spätfrostrisiko ausgesetzt sind. Der oberflächige Regenwasserabfluss wurde gesteuert und in Kleingewässern gesammelt. Hervorzuheben ist, dass der Einbau des Ober- und Unterbodens weitgehend ohne Zwischenlagerung des Substrats auf Mieten erfolgen konnte. Der Abbaufortschritt erfolgte etappenweise und war optimal mit der technischen Rekultivierung synchronisiert. Abschließend erfolgte eine Tiefenlockerung mithilfe einer Raupe, ausgestattet mit Moorlaufwerk und Heckaufreißer.

Beim Einbau der Rekultivierungsschicht galt es, einerseits eine ausreichende Mächtigkeit der Rekultivierungsschicht zu gewährleisten, andererseits mit dem limitierten Ober- und Unterbodenmaterial sparsam umzugehen. Deshalb wurde an den Wald- und Wegerändern weniger Boden aufgetragen. Weiteres Einsparungspotenzial boten die bereits im Zuge der technischen Rekultivierung angelegten Erschließungslinien. Durch das Anlegen zweier Sukzessionsflächen konnte zusätzliches Bodenmaterial eingespart werden. Die geforderte Mächtigkeit der Rekultivierungsschicht von 1,20 m konnte auf diese Weise erfolgreich umgesetzt werden.

2. Standortskartierung

Die Standortskartierung stellt ein wichtiges Instrument zur Steuerung und Sicherung des Rekultivierungserfolgs dar. Nach der Fertigstellung der Rekultivierungsschicht wurde diese bodenkundlich untersucht. Mit einem Bohrstock wurden die vorherrschenden Standortsfaktoren wie die Bodenart, der Humus- und der Skelettgehalt, Staunässe, etc. in einem Stichprobenraster angesprochen. Daneben wurden Bodenprofile gegraben, beprobt und analysiert. Ziel der Standortskartierung ist eine möglichst präzise Erfassung der pedologischen als auch klimatischen Eigenschaften. Anhand der festgestellten Standortverhältnisse wurden für alle acht Rekultivierungsabschnitte geeignete Vor- und Zielwaldbaumarten und eine angepasste Zwischenbegrünung abgeleitet.

3. Pflanzung und Zaunbau

Die Pflanz- und Zaunbauarbeiten erfolgten durch ein auf forstliche Rekultivierung spezialisiertes Forstunternehmen. Die Pflanzungen wurden sowohl im Spätherbst als auch im Frühjahr, in Abhängigkeit von der aktuellen Bodenfeuchte mit Erdbohrgeräten oder mittels Traktor mit einem Pflanzpflug durchgeführt. Dabei wurden die Ergebnisse der Standortskartierung konsequent umgesetzt. Den Ergebnissen der Standortskartierung folgend wurden im „Eichle“ vorwiegend Baumarten trockenheitstoleranter Laubmischwälder ausgewählt (z. B. Spitzahorn, Vogelkirsche, Winterlinde, Hainbuche, Feldahorn und Elsbeere). Lokal wurden kleine staunasse Bereiche mit Schwarzerle bepflanzt. Neben den o. g. Zielwaldbaumarten brachte man zusätzlich Vorwaldbaumarten wie z.B. Grauerle, Schwarzerle, Sandbirke, Aspe, Salweide etc. ein. Diese dienen insbesondere zur Verbesserung der Standortsbedingungen für die Zielbaumarten, indem sie Klimaextreme wie Hitze, Frost, Wind abschwächen. Außerdem dienen sie der biologischen Auflockerung und Melioration des Rekultivierungsbodens. Vorwaldbaumarten haben nur geringe Ansprüche an den Boden- Wasser- und Nährstoffhaushalt und sind unempfindlicher gegenüber Klimaextremen. Durch ihr rasches Jugendwachstum sind sie bereits nach drei bis vier Jahren in der Lage, eine deutlich spürbare Schutzwirkung für die Zielwaldbaumarten zu übernehmen.

Parallel zu den Wegrändern wurde auf den Streifen mit vermindertem Bodenauftrag ein gestufter Waldrand mit einer Vielzahl von heimischen Sträuchern angelegt. Verbiss- und Fegeschäden des Rehwildes können zu einer erheblichen Beeinträchtigung oder sogar zur Gefährdung des Rekultivierungserfolgs führen. Um dieses Risiko auszuschließen und eine rasche Sicherung der Kultur zu erreichen, wurde nach Abschluss der Pflanzung ein Wildschutzzaun um die jeweiligen Forstkulturen errichtet. Die Anwuchserfolge lagen in der Regel über 90%, sodass keine Nachbesserungen getätigt werden mussten.

4. Zwischenbegrünung

Auf den einzelnen Rekultivierungsabschnitten wurde von Hand eine Zwischenbegrünung ausgesät. Die Ansaat bestand aus 15 – 20 krautigen Wild- und Kulturpflanzen und erfolgte zeitgleich mit den Pflanzarbeiten. Der Vorteil einer solchen Zwischenbegrünung liegt in ihrer bodenverbessernden als auch bodenschützenden Wirkung. So schaffen die ausgesäten Pflanzen eine schnelle Bodendeckung und verringern den Aufwuchs einer verdämmenden Begleitflora. Dadurch konnte auf das Ausmähen der Forstkulturen verzichtet werden, wodurch erhebliche Kosten eingespart wurden. Darüber hinaus schließen die Wurzeln die Rekultivierungssubstrate auf und führen zu einer besseren Luft- und Wasserversorgung im Boden.

An der Zwischenbegrünung konnten ganzjährig zahlreiche Vogel- und Insektenarten beobachtet werden, welche diese als Nahrungsquelle und Lebensraum nutzen. Des Weiteren ist die Zwischenbegrünung nicht nur aus Gründen der Bodenmelioration und des Naturschutzes interessant, sondern auch aus ästhetischer Sicht. Die zahlreichen Blühaspekte, welche über die gesamte Vegetationsperiode auftraten, erfreuten sich bei der lokalen Bevölkerung einer großen Beliebtheit.

5. Kontrolle und Pflege

Der Zustand aller rekultivierten Flächen wurde jährlich von je einem Vertreter des ausführenden Forstbetriebs und der unteren Forstbehörde erfasst. Neben dem Anwuchserfolg wurde das Wachstum der Bäume und der Begleitvegetation angesprochen. Schäden durch Wild, Mäuse oder Hagel wurden in einer Aktennotiz dokumentiert sowie erforderliche Maßnahmen zur Sicherung der Kultur definiert. Die durchgeführten Pflegemaßnahmen, wie beispielsweise Schirmdruckastung des Vorwaldes und Beseitigung von Robinie und Balsampappel, oder Zaunkontrolle und -reparaturarbeiten trugen zum Rekultivierungserfolg bei.

Bis zum heutigen Zeitpunkt konnten sukzessive alle acht Rekultivierungsabschnitte des Abbaugebietes „Eichle“ erfolgreich aus der Rekultivierungsverpflichtung entlassen werden. Der aktuelle Zustand lässt einen vielversprechenden Waldbestand erwarten. Alle Zäune sind bereits zurückgebaut worden.

6. Biotopverbessernde Maßnahmen

Im Zuge der Rekultivierung wurden zudem einzelne Kleingewässer, Sukzessionsflächen, Steilwände und Stubbenwälle angelegt sowie seltene Baumarten wie Elsbeere, Mehlbeere, Speierling und Wildobst gepflanzt. All diese dienen zur Erhöhung der Arten- und Strukturvielfalt der ehemaligen Abbauflächen. Bereits bei der Geländemodellierung und dem Einbau der Rekultivierungsschicht wurden geeignete Flächen für diverse Biotope festgelegt. So konnten beispielsweise vernässte Bereiche in Muldenlage zu Kleingewässern umgestaltet werden. Ebenso trug der Erhalt von einzelnen Steilwänden zur Erhöhung der Arten- und Strukturvielfalt bei. Auf den geschaffenen Sukzessionsflächen etablierten sich Kiefer, Lärche und Balsampappel in sehr lockerer Form. Dadurch entstand ein abwechslungsreiches Gelände, vom Dichtstand bis hin zu offenen Partien, was von zahlreichen Tierarten besonders geschätzt wird.

Fazit

Der aktuelle Zustand der Forstkulturen im „Eichle“ belegt, dass die enge Zusammenarbeit zwischen dem Abbaubetrieb, dem Forstunternehmer und der Unteren Forstbehörde sehr erfolgreich war. Durch das Zusammenspiel von verschiedenen Faktoren konnten vorzeigbare Ergebnisse geschaffen werden:

  • Durch entsprechende Logistik beim Aus- und Einbau des Bodenmaterials konnte weitgehend auf eine Zwischenlagerung des Ober- und Unterbodens verzichtet werden.
  • Die Geländemodellierung hatte das Primärziel Kaltluftseen zu vermeiden und Oberflächen- abflüsse zu steuern und trug wesentlich zum Erfolg bei.
  • Die Ergebnisse der Standortsgutachten wurden bei den Pflanzarbeiten konsequent umgesetzt.
  • Die Zwischenbegrünung spart Kultursicherungsarbeiten und wertet die Teilflächen ökologisch auf.
  • Solide Wildzäune inklusive regelmäßiger Kontrollen erhöhen den Rekultivierungserfolg.
  • Jährliche Zustandserfassungen der Rekultivierungsabschnitte in Zusammenarbeit mit der Unteren Forstbehörde verhindern Fehlentwicklungen.
  • Zahlreiche Kleinbiotope erhöhen den ökologischen Wert der ehemaligen Abbaustätte.
  • Forstkulturen sind eng mit verbliebenen Alt- und Totholzstrukturen verzahnt.

Ausblick

In naher Zukunft ist in den ältesten Rekultivierungsabschnitten eine Jungbestandspflege geplant, um den Zuwachs auf die Zielwaldbaumarten zu lenken. Des Weiteren soll in den jüngeren Abschnitten der Vorwald, insbesondere die stark vorwüchsigen und teilweise invasiv wirkenden Baumarten (Balsampappel und Robinie), reduziert werden. Der Gehölzaufwuchs auf den Sukzessionsflächen wird weiterhin in regelmäßigen Abständen in Absprache mit dem Naturschutz auf Teilflächen beseitigt. Dadurch werden Pflanzen- und Tierarten, die auf Rohböden angewiesen sind, gefördert. (Lukas Fischer/Thilo Tollkühn)

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